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Weltrekordflieger brüten in Vorpommern

Vorpommern / Lesedauer: 4 min

Seeschwalben, die manchmal mit Möwen verwechselt werden, sind am liebsten in der Luft. Mittlerweile sind die Luftakrobaten in Vorpommern wieder stark vertreten.
Veröffentlicht:27.06.2022, 17:48

Von:
  • Norbert Warmbier
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Seeschwalben sind keine Singvögel wie Rauch- und Mehlschwalbe, die sich uns Menschen eng angepasst haben, sondern Wasservögel, die den Möwen sehr nahe stehen. Dies gilt besonders für die Flussseeschwalbe, die oft mit einer Möwe verwechselt wird. Betrachtet man sich diese gut drosselgroßen, sehr schlanken Vögel etwas genauer, fällt nicht nur die schwarze Kopfplatte auf, die sich bis zum Nacken erstreckt, sondern auch der rote Schnabel mit seiner schwarzen Spitze.

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Hier gibt es aber mit der Küstenseeschwalbe eine Doppelgängerart, die auch schon im Greifswalder Bodden und an der Ostseeküste zwischen Peenemünde und Ahlbeck auf der Insel Usedom im Kreis Vorpommern-Greifswald entdeckt wurde.

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Selbst Küstenseeschwalben ziehen von pommerschen Stränden bis an die antarktische Region und zurück an das Baltikum. So ist eine Unterscheidung des gefiederten Zwillings nur einem Ornithologen möglich. Die Küstenseeschwalbe hat keinen schwarzen Fleck an der Schnabelspitze. Nur im Sitzen kann man mit dem Fernglas erkennen, dass die Schwanzspieße der Küstenseeschwalbe deutlich über die Flügelspitzen ragen.

Nahrung im Sturzflug erbeutet

Die Nahrung der weißen Seeschwalben – meist sind es kleine Fische – wird rüttelnd, also in der Luft stehend, mit anschließendem, rasanten Sturzflug ins Wasser erbeutet. Alle Seeschwalben laufen sehr wenig, zur Nahrungsaufnahme gar nicht. Nur zur Balz benutzen sie ihre kleinen Beinchen zumtrippelnden Gehen. Auch ihre Schwimmhäute, ein Erbe von den Möwen, setzen sie kaum noch ein. Am ehesten sieht man die Jungen schwimmen.

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So fällt die Hauptlast der Bewegungen den Schwingen zu. Die Wendigkeit des kraftvollen, fast wehend anmutenden Fluges erfordert ein wirksames Steuer, so auch beim gezielten Sturzflug. Selbst im Ueckermünder Hafen treten heftige Strömungen auf, die den leichten Körper der Flussseeschwalbe bei der gezielten Jagd auf die Schuppenträger aus der Bahn brächten, wenn sie nicht an den Schwanzspitzen abgeleitet würden.

So ist die Gestalt der Seeschwalben unverkennbar von den Erfordernissen der Lebensweise geprägt. Darum sind der schlanke Körper, lange schmale Flügel und ein langer, gegabelter Schwanz bei allen Seeschwalben typisch.

Jährlich 40 000 Kilometer unterwegs

Und es ist nicht verwunderlich, dass sie Weltrekordflieger sind und einen der merkwürdigsten Wanderwege unter den Tieren haben. Küstenseeschwalben aus Alaska ziehen bis Feuerland in die antarktische Region, andere wieder aus Nordeuropa fliegen zum Kap der Guten Hoffnung an die Südspitze Afrikas bis in die Antarktis und zurück in subarktische Regionen. Beringte Seeschwalben aus Nordeuropa wurden schon in Australien entdeckt. So vermuten einige Wissenschaftler, dass die Globetrotter jährlich fast 40 000 Kilometer zurücklegen – grob geschätzt, also einmal um den Erdball ziehen.

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Die beiden weißen Seeschwalben sind sehr ruffreudig. Meist hört man ein hartes „Krriä-Krriä“ oder kurze „Kick“-Laute. Besonders an unserer Seen- und Flusslandschaft sind Seeschwalben bis zur Wende immer stärker zurückgegangen. Eine weitere Familie der Seeschwalben sind die recht dunklen Sumpfseeschwalben, die vor der Wende von Peenemünde, Pasewalk bis hin nach Penkun vom Aussterben bedroht waren.

Renaturierung lockt neue Seeschwalbenarten an

Erst nach der Wende durch die umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen in der Peeneniederung, im Landgrabental am Galenbecker See und den Haffbruchwiesen gab es eine regelrechte Bestandsexplosion bei den Seeschwalben.

Ein deutlicher Anstieg zeichnete sich auch bei den Sumpfseeschwalben ab, denn vom Kummerower See, Demmin, Loitz bis hin zur Zecheriner Brücke waren es hunderte Brutpaare der mehr rußfarbenen, recht flatterhaften Gesellen. Plötzlich wanderten mit Weißbart- und Weißflügelseeschwalben aber auch zwei neue Vogelarten in Pommern ein, deren Hauptverbreitungsgebiete in Südost-Europa und Asien liegen.

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