▶ Winter-Wetter hat MV im eisigen Griff
Bergen / Lesedauer: 8 min

Wegen des starken Oststurms hat die Fährreederei Scandlines alle Fahrten zwischen Rostock und dem dänischen Gedser bis Montagabend abgesagt. Nach gegenwärtiger Planung soll der reguläre Fahrplan voraussichtlich ab 20.00 Uhr wieder aufgenommen werden, teilte das Unternehmen am Montag mit. Betroffen seien pro Route vom frühen Montagmorgen an jeweils sechs Abfahrten.
Als Alternative empfahl Scandlines sowohl Fracht- als auch Passagekunden, die Überfahrtsmöglichkeit von Puttgarden (Schleswig-Holstein) nach Rødby zu nutzen. Von dort fahren die Fähren planmäßig.
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Peene gefroren
Temperaturen weit unter Null Grad Celsius haben selbst die Peene gefrieren lassen. Große und kleine Eisschollen trieben im Hafen von Anklam. Auch am Peenestrom beim frostigen Blick auf die Karniner Brücke und das Haff zeigte sich eine weite fleckige Eisfläche auf dem Wasser vom Kamp aus. Der Landkreis Vorpommern-Greifswald warnt vor dem unvorsichtigen Gang auf das Eis.
Auf dem Peenestrom bei Wolgast war am Montagvormittag der Tonnenleger „Görmitz“ des Wasser- und Schifffahrtsamtes Stralsund unterwegs, um das Eis zu brechen. Der Eisbrecher „Arkona” war war rund um Stralsund unterwegs.
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Starker Schneefall möglich
Der Meteorologe Stefan Kreibohm vom Wetterstudio Hiddensee berichtete von mehr als vier Meter hohem Wellengang und teils heftigen Windböen von rund 100 Kilometer pro Stunde auf der Ostsee. Von Dienstag an sei jedoch zu erwarten, dass der Sturm fast überall nachlässt. Ausnahmen könnte es im Norden der Inseln Rügen und Hiddensee geben. „Dort könnte es sein, dass der Wind so stark bleibt.”
Später könne es auch sein, dass es wiederum im Norden zu teils starkem Schneefall kommt, sagte Kreibohm. Dahinter stecke der sogenannte Lake-Effekt. „Kalte Luft strömt über wärmeres Wasser, so bilden sich Schneeschauer.” Diese Schauer lösten sich an Land wieder aus, so dass es vor allem an der Küste schneien wird. Die Vorhersage, welchen Küstenabschnitt es trifft, sei aber ein großes Lotteriespiel. Es könnte sein, dass Rügen, Hiddensee und möglicherweise auch der Darß am meisten abbekommen. Bei Dauerfrost könnte diese Wetterlage bis Freitag anhalten, sagte Kreibohm.
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Kap Arkona meiden
Nachdem sich in der Nacht zum Montag auf der Insel Rügen mehrere Fahrzeuge wegen Schneeverwehungen festgefahren hatten, riet die Polizei von Autofahrten in Richtung Kap Arkona ab. Die Straße sei zwar wieder frei, man solle dennoch auf unnötige Fahrten verzichten. Der Winterdienst befinde sich im Dauereinsatz.
Von stundenlangen Rettungsaktionen mehrerer Feuerwehren in der Nacht zum Montag berichtete die Tourismusgesellschaft Kap Arkona auf ihrer Facebook-Seite. Mehrere Menschen seien aus feststeckenden Autos befreit worden. Landwirte hätten unter anderem mit Schneefräsen die Straßen geräumt. Ortsteile von Putgarten seien zwischenzeitlich nicht zu erreichen gewesen. Aus den übrigen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns berichtete die Polizei von problemlosem Verkehrsgeschehen.
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Die Feuerwehr Putgarten hat ein Video von der Räumaktion veröffentlicht:
Wetterkapriolen in ganz Deutschland
Schnee und Eis haben auch zum Wochenanfang Auto- und Bahnfahrern in weiten Teilen Deutschlands das Leben schwer gemacht – und in den nächsten Tagen bleibt es eisig. In immer weniger Regionen wird es zumindest tagsüber frostfrei sein, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Montag vorhersagte.
Demnach klettern die Temperaturen an diesem Dienstag nur noch südlich der Donau über die Null-Grad-Marke. Ab Donnerstag sollen die Höchstwerte dann in ganz Deutschland „im Eisfach-Bereich” von minus 1 bis minus 9 Grad verharren, wie DWD-Meteorologe Martin Jonas ankündigte. Wer mit dem Auto unterwegs ist, sollte sich also weiterhin auf rutschige Straßen gefasst machen.
Heftiger Schneesturm hatte in Teilen Deutschlands bereits am Sonntag ein Verkehrschaos verursacht. Auch am Montag war zumindest zeitweise auf etlichen Straßen kein Durchkommen. „Die Lage ist katastrophal”, sagte am frühen Morgen ein Sprecher der Polizei in Fulda. Im Schnee stecken gebliebene Lastwagen hatten etwa im Norden und Osten von Hessen mehrere Autobahnen blockiert. Besonders betroffen waren dort die A7 und die A4. In vielen Bereichen stünden die Lastwagen und Autos seit sechs Stunden im Stau, es gehe weder vorwärts noch rückwärts, sagte der Sprecher.
Probleme beim Bahnverkehr
Derweil warnte die Deutsche Bahn: „Aufgrund von extremem Unwetter kommt es in weiten Teilen des Landes zu Verspätungen und Zugausfällen.” Der Fernverkehr sollte am Montag auf mehreren Verbindungen komplett eingestellt bleiben.
So fuhren beispielsweise von Berlin keine Fernzüge in Richtung Hannover und München. Zumindest auf einigen Verbindungen sollte sich der Bahnverkehr vom Nachmittag an schrittweise normalisieren. „Tausende Mitarbeitende sind vor Ort im Einsatz. Vielerorts müssen unter widrigen Umständen und in mühevoller Handarbeit Weichen enteist und Schienen geräumt werden”, schrieb die Bahn in ihrem Presse-Blog zur aktuellen Wetterlage.
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Auch der Nahverkehr blieb mancherorts im Schnee stecken. In Leipzig und Erfurt versuchten mit Schneeschiebern versehene Straßenbahnen, die Gleise wieder befahrbar zu machen. Busse blieben vielerorts in den Depots – in Hessen etwa in Kassel und Marburg, wie die dortigen Stadtwerke mitteilten. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen fiel wegen des heftigen Winterwetters vielerorts außerdem die Müllabfuhr aus. Außerdem kamen in Thüringen nach Angaben der Deutschen Post mit wenigen Ausnahmen keine Brief- und Paketzusteller.
In Jena in Thüringen blieben am Montag die Kindertagesstätten geschlossen – sie sollten auch am Dienstag noch geschlossen bleiben, wie es von der Stadtverwaltung hieß. Die Behörde begründete die Schließung auch damit, dass die Essenversorgung nicht gewährleistet werden könne.
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THW und ADAC im Dauereinsatz
Das Technische Hilfswerk (THW) war mit Stand Montagvormittag innerhalb von 24 Stunden bundesweit mit 685 Helfern aus 64 Ortsverbänden im Einsatz, wie eine Sprecherin sagte. Die Helfer räumten demnach Straßen frei, enteisten Gleise, bargen Lastwagen, befreiten Gebäudedächer von Schneelasten und versorgten Klinken mit Lebensmitteln.
Auch die Pannenhelfer des ADAC waren im Dauereinsatz. So rückten sie allein in Niedersachsen und Bremen am Sonntag zu mehr als 800 Einsätzen aus – am Montagmorgen wurden 600 weitere Hilferufe registriert, wie der Automobilclub mitteilte. Gleichzeitig richteten sich nach Beobachtung der Polizei die Autofahrer auf die schwierigen Bedingungen ein. „Es schneit hier wie verrückt, aber die Leute fahren alle vorsichtig”, sagte ein Sprecher der Autobahnpolizei Garbsen bei Hannover.
730 Unfälle in Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen waren am Wochenende bei rund 730 Unfällen drei Menschen schwer und 63 leicht verletzt worden, wie das dortige Innenministerium mitteilte. Ein Mann starb, nachdem er mit seinem Wagen in Duisburg in einen Bach gestürzt war. In Mülheim an der Ruhr behinderten die eisigen Temperaturen am Montag die Löscharbeiten beim Brand eines leerstehenden Supermarktes. An den Helmen der Feuerwehrleute hätten sich Eiszapfen gebildet, sagte ein Sprecher.
Der starke Wind drückte das Wasser an die Küsten. Sturmböen ließen in Lübeck und Travemünde die Trave über die Ufer treten. Die Wasserstände lagen am Montagmittag bei rund 6,10 Metern, wie ein Feuerwehrsprecher sagte. Das sind etwa 1,10 Meter mehr als der normale Wasserstand. In den Hochwassergebieten im Westen und Süden Deutschlands entspannte sich hingegen die Lage – auch am Rhein. Ab Dienstag könnte bei Köln wieder die Schifffahrt möglich sein.
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Das Wetter ist auch in sozialen Netzwerken ein großes Thema: Dort bildete sich das Schlagwort „Flockdown”, eine Wortschöpfung aus „Flocke” und coronabedingtem „Lockdown”. Im Vergleich zum Wochenende soll der Schneefall in den kommenden Tagen zurückgehen. Das große Thema wird dann der strenge Frost sein – vor allem nachts.
Grund dafür sei „die kalte Gisela”, erklärte DWD-Meteorologe Martin Jonas. Das Hoch namens „Gisela” liege diese Woche „weitgehend ortsfest über Skandinavien”, zapfe Polarluft an und schiebe diese „auf direktem Wege nach Mitteleuropa und damit nach Deutschland”.
In der Mitte und im Osten Deutschlands dürfte Nachtfrost von minus 18 Grad keine Seltenheit sein. Bei Wind und trockener Luft könne die gefühlte Temperatur nachts sogar auf bis zu minus 30 Grad sinken. „Wer da morgens mit dem Hund raus muss, sollte sich im wahrsten Sinne des Wortes warm anziehen”, empfahl Jonas.