Ferienhaus mit Sonderrechten?

Wirbel um Caffiers Haus am See

Usedom / Lesedauer: 5 min

Bekam MV-Innenminister Lorenz Caffier (CDU) Sonderrechte, als er sich 2006 ein Grundstück auf Usedom kaufte und dort ein Ferienhaus baute? Neue Medienberichte legen das nahe. Doch die Vorwürfe sind weder neu, noch gibt es Beweise – aber einige offene Fragen.
Veröffentlicht:03.09.2018, 09:44
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  • Author ImageGabriel Kords
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Am 25. August 2006 schrieb Lorenz Caffier einen Brief an die Gemeinde Benz: Er sei seit 15 Jahren Dauercamper auf dem Campingplatz im Ortsteil Neppermin, genieße regelmäßig „die wunderschöne Landschaft und Umgebung“ des Ortes. Nun habe er erfahren, dass am See in Neppermin „ein Grundstück zur festen Bebauung“ ausgewiesen werden solle. Er beantrage „den Erwerb dieser Fläche zur privaten Nutzung“.

Keine zwei Wochen später entschied die Gemeindevertretung, Caffier das Grundstück zu verkaufen. Der Vorgang und die zugehörigen nicht-öffentlichen Unterlagen, die auch dem Nordkurier vorliegen, sorgen seit Jahren für Wirbel und Gerüchte auf Usedom – am Wochenende haben der „Spiegel“ und der NDR das Thema wieder auf die Agenda gesetzt.

Kauf erfolgte mittem im Landtagswahlkampf

In der Sache gab und gibt es einige offene Fragen. Die erste lautet: Wieso hatte Caffier im August und September 2006, mitten im Endspurt des Landtagswahlkampfs, überhaupt Zeit, sich ein Grundstück zu kaufen? Vor allem aber mäandert seit Jahren die Frage über die Insel: Genoss Caffier, damals „nur“ CDU-Abgeordneter und noch nicht Minister, Sonderbehandlung beim Kauf?

Eine eindeutige Antwort auf diese Frage geben auch die neuen Medienberichte nicht. Bemerkenswert an der Angelegenheit ist aber neben dem enormen Tempo des Grundstückskaufs beispielsweise die Tatsache, dass der Bürgermeister der Gemeinde Benz, der CDU-Politiker Karl-Heinz „Ali“ Schröder, über seine Frau das Nachbargrundstück erwarb.

Zahlreiche Konflikte mit anderen Behörden

Insgesamt entstanden seinerzeit in bester Lage vier Ferienhäuser. Auch mit anderen Behörden gab es in der Bauzeit Konflikte, weil der – ebenfalls nie endgültig geklärte – Vorwurf im Raum stand, die Grundstücke seien zum See hin illegal ins eigentlich streng geschützte Schilf aufgeschüttet worden. Auch wird gemunkelt, dass der Kaufpreis von 50 Euro pro Quadratmeter womöglich etwas zu billig war – und auch hier: Beweisen lässt es sich das heute wohl nicht mehr.

Ein weiteres Detail, das in den bisherigen Berichten noch keine Rolle spielte: Am 15. Januar 2007, kurz bevor der Grundstücksverkauf beim Notar vollzogen werden sollte, fragte das zuständige Amt Usedom-Süd ausweislich eines Dokuments, das dem Nordkurier vorliegt, beim Notar an, ob es ein Problem sei, wenn der Benzer Bürgermeister Schröder die Transaktion sowohl für die Gemeinde als auch für den Käufer beurkunden würde. Caffier hatte offenbar vor, Schröder mit den entsprechenden Vollmachten auszustatten. Ob es dazu tatsächlich kam oder ob Caffier letztlich doch einen „unbefangenen“ Vertreter schickte, ist nicht überliefert.

Fakt ist aber: Schon dass Schröder offenbar allen Ernstes erwog, den Grundstückskauf für beide Seiten zu beurkunden, stützt die These von einem womöglich etwas zu direkten Draht zwischen Caffier und Schröder. Davon, dass Schröder und Caffier sich vor und nach dem Grundstücksdeal politisch gut verstanden, zeugen zahlreiche Medienberichte, die in den vergangenen Jahrzehnten auch im Nordkurier erschienen.

Der Nordkurier berichtete schon 2008 über die Affäre

Ein Fall für die Presse wurde die Sache schon im November 2008, nachdem Nepperminer Bürger den eigentlich im Geheimen vollzogenen Deal auf einer Bürgerversammlung kritisiert hatten. Damals erklärte Caffier, inzwischen Minister, im Nordkurier: „Natürlich kenne ich den Bürgermeister der Gemeinde, denn seit 15 Jahren war ich immer wieder Gast als Dauercamper in Neppermin und habe mit Interesse die Entwicklung der Gemeinde und des Umlandes verfolgt.“ Dass das Grundstück zum Verkauf gestanden habe, wisse er aus dem Amtsblatt.

Wer sich heute vor Ort umsieht, bemerkt zwei Dinge: Zum einen, dass der Ort und die Lage des Hauses direkt am See, der Teil des Achterwassers ist, selbst für Usedomer Verhältnisse einmalig schön sind. Zum anderen fällt auf, dass die Ferienhäuser, von denen eines den Caffiers gehört, ausgesprochen bescheiden sind – ungefähr so, wie man sich das Häuschen von nach 15 Jahren Dauercamping sesshaft gewordenen Urlaubern vorstellt. Eine „Minister-Villa“ ist das Domizil keineswegs, eher eine recht neue Datsche.

Doch nun ist der immerhin schon zwölf Jahre zurückliegende Kauf erneut zum Thema für die Presse geworden – und wird die Landespolitik in den kommenden Wochen wohl noch beschäftigen. Auch der Nordkurier wird den Akteuren zu Beginn dieser Woche einige Fragen zukommen lassen.

An Schröders Amtsführung gibt es seit Jahren Kritik

Für Lorenz Caffier kommt die Angelegenheit jedenfalls zur Unzeit: In Schwerin wird ohnehin darüber spekuliert, ob er sein Ministerium bis zum Ende der Legislaturperiode innehaben wird, der neue CDU-Landeschef Vincent Kokert gab diesen Gerüchten ein ums andere Mal mit Andeutungen Nahrung. Die Ferienhaus-Affäre, so munkeln bereits die ersten im Schweriner Politikbetrieb, hätte das Zeug, Caffiers Abgang zu beschleunigen.

Ali Schröder müssen solche Sorgen nicht umtreiben. Der Benzer Bürgermeister kandidierte 2016 zwar für ein Landtagsmandat der CDU im Wahlkreis Usedom, doch statt ihm wurde Ralph Weber (AfD) ins Parlament gewählt. Schon damals wurde spekuliert, dass Schröders schlechtes Wahlergebnis – auf Usedom hatte zuvor immer die CDU gesiegt – wohl auch damit zusammenhing, dass Schröder auf der Insel wegen seiner von vielen als filzig empfundenen Amtsführung nicht eben den besten Leumund genießt. In diesem Zusammenhang wurde auch Caffiers Grundstückskauf oft als Argument genannt.

Schon über die Bürgerversammlung im November 2008, bei der der Verkauf des Grundstücks an Caffier Thema war, schrieb der Nordkurier damals mit Bezug auf Schröder: „Das Gemeindeoberhaupt sah sich in der teilweise unter der Gürtellinie geführten und mit Fäkalsprache durchsetzten Diskussion erheblichen Angriffen gegen seine Person, sein Auftreten und die Art und Weise seiner Amtsführung ausgesetzt.“ An diesen Angriffen hat sich offenbar auch zehn Jahre später wenig geändert.