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Angst vor Gewalt

Wie Terror auf den Städtetourismus wirkt

Stuttgart / Lesedauer: 3 min

Paris, Istanbul, Berlin – das sind die Urlaubsmetropolen Europas. Doch seit Ende 2015 sind diese Städte von Anschlägen erschüttert worden. Wie reagieren die Urlauber darauf?
Veröffentlicht:15.01.2017, 18:40
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Mancher Reiseführer bleibt derzeit in den Regalen liegen: Beim Verkauf seiner „Istanbul“-Ausgabe musste der Verlag Michael Müller im vergangenen Jahr ein Minus von 80 Prozent hinnehmen, beim „Brüssel“-Titel waren es 70 Prozent, bei „Paris“ 50 Prozent. Konkurrent Mair-Dumont ging es nicht besser. Die Verkaufszahlen der „Istanbul“-Reiseführer seien „unter die Wahrnehmungsschwelle“ gefallen, sagt eine Verlagssprecherin.

Als Grund nennen die Verlage und viele in der Branche Terroranschläge in diesen Städten – aus Angst vor weiterer Gewalt sank das Interesse deutscher Urlauber. Auch Städtereisen-Anbieter bekamen das zu spüren: Dertour spricht von „Zurückhaltung“ bei Buchungen von Touren in die Metropolen, und der auf Bahnreisen spezialisierte Wettbewerber Ameropa teilt mit: „Für Paris und Brüssel ist die Nachfrage weiterhin eher verhalten.“

Terror auch Thema auf Touristikmesse CMT

Terrorismus zeigt Wirkung auf die Urlauberströme, zumindest kurzfristig. Die Gästezahlen sind im Minus. In Istanbul sank der Wert im Juli 2016 verglichen mit dem Vorjahresmonat um ein Drittel, auch andere Monate waren rückläufig. In Paris wurden sechs Prozent weniger Hotelgäste gezählt als 2015, in Brüssel ging die durchschnittliche Hotel-Belegung laut Brussels Hotels Association um elf Prozentpunkte auf knapp 62 Prozent zurück. Und bei der Buchungsplattform Opodo war Istanbul 2015 noch das viertbeliebteste Reiseziel, inzwischen liegt die Stadt in der Statistik auf Platz 22.

Terror und Tourismus – dieses Thema wird auch bei der Touristikmesse CMT besprochen werden, die an diesem Samstag in Stuttgart startet. Werden Terroranschläge den jahrelangen Boom im Städtetourismus abbremsen und den betroffenen Metropolen gar dauerhaft eine Urlauberflaute bringen? Branchenvertreter schütteln den Kopf. Solch einen Effekt gebe es nur vereinzelt und temporär, sagt der Sprecher des Deutschen Reiseverbandes, Torsten Schäfer.

Buchungen für Berlin bleiben konstant

Bei der CMT dabei ist auch die Tourismus-Marketingorganisation Atout France. „Nach den Anschlägen sind die Buchungen deutlich runtergegangen, aber das hat sich relativ schnell wieder normalisiert“, sagt deren Sprecherin Monika Fritsch. Besonders Familien mit jungen Kindern würden sich nun bisweilen gegen Städtetouren entscheiden – dies wohl auch wegen der Terrorbilder im Hinterkopf. Die Organisation hat ihr Marketing-Konzept etwas umgestellt: Im Internet bewirbt sie verstärkt Naturregionen wie die Atlantikküste und die Auvergne. „Damit wollen wir verdeutlichen, dass es Alternativen gibt in Frankreich zum Urlaub in den Großstädten.“

Und was ist mit Berlin? Kurz vor Weihnachten erschütterte der Anschlag auf den Breitscheidplatz die Welt. Könnte das zu weniger Buchungen führen? Nein, sagt Burkhard Kieker, Chef der Tourismus-Organisation Visit Berlin. Es habe zwar vereinzelte Stornierungen in Berliner Hotels gegeben nach dem Anschlag, aber so gut wie keine Abreisen.