Fußball-Geschichte
Der Mann mit der Torgarantie ist tot
Berlin / Lesedauer: 3 min

Nordkurier
Jürgen Nöldner hatte sich schon auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar gefreut, sich einen bequemen Platz vor dem Fernseher eingerichtet. Der Platz bleibt jetzt leer. Am 21. November starb Jürgen Nöldner im Alter von 81 Jahren in seiner Heimatstadt Berlin. So groß der Linksfuß auf dem Rasen aufspielte, so bescheiden war er als Mensch und so fair war er später als Sportjournalist. Nöldner war einer der begnadetsten Spieler in der Geschichte des DDR-Fußballs: Er lief 285 Mal für den FC Vorwärts Berlin und später Frankfurt/Oder auf. Seine internationale Karriere begann der damals 18 Jahre alte Stürmer 1959 beim Spiel vor 65 000 Zuschauern im einstigen Berliner „Walter-Ulbricht-Stadion” im Europapokal der Landesmeister gegen die Wolverhampton Wanderers, als er zum 1:1 traf.
Nach 30 Länderspielen und der olympischen Bronzemedaille 1964 in Tokio beendete der bewunderte Techniker seine Sportkarriere. Seine Bilanz: 88 Ligatore, 16 Treffer in der Nationalmannschaft. Jürgen Nöldner verfügte über eine eingebaute Torgarantie. Fünfmal wurde er Meister mit dem Armeesportklub, einmal Pokalsieger, das entscheidende Tor 1970 im Finale gegen den 1. Lok Leipzig schoss in der 86. Minute – klar, Jürgen Nöldner. Der Stürmer hält noch heute einen besonderen Rekord: Sein Treffer zum 1:0-Sieg im WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich am 31. Oktober 1965 fiel in der ersten Minute – und war und blieb das früheste Tor, das ein DDR-Nationalspieler je erzielte.
Nöldner arbeitete später als Sportjournalist
Nach seiner Karriere studierte er in Leipzig Journalistik und stieg zuerst beim „Sportecho“ und später bei der „Fußballwoche” (Fuwo) ein. Bei der Fuwo fungierte er von 1985 bis 1990 als Chefredakteur. Nach der politischen Wende schrieb Nöldner für das Sportmagazin „Kicker“, zuletzt als Büroleiter in Berlin. Wer den Altstar treffen wollte, ging montags am späten Nachmittag in die Gaststätte am Anton-Saefkow-Platz in Berlin-Lichtenberg. Dort plauderte Jürgen Nöldner immer mit ein paar Kumpeln. Worüber? Natürlich über Fußball. Ein paar Schritte vom Saefkow-Platz entfernt wohnte er mit seiner Frau.
Der Platz mit dem Namen Anton Saefkow hat einen direkten Bezug zu Nöldners Familie. Vater Erwin Nöldner gehörte in der Nazizeit zur Widerstandgruppe Saefkow in Berlin-Lichtenberg und wurde im November 1944 im Zuchthaus Brandenburg, Sohnemann Jürgen war gerade zwei Jahre alt, hingerichtet. An seinen Vater erinnert in der Hauptstadt der „Nöldner-Platz”. Diesen Platz an der S-Bahn überquerte Jürgen Nöldner oft, wenn er zu seinem alten Verein Sparta Lichtenberg ging, bei dem er mit sieben Jahren mit dem Fußballspielen begann und dem er bis zu seinem Tod die Treue hielt.