Nach WM-Aus
DFB-Manager Bierhoff opfert Özil
Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Robert Stoll
Nach dem desaströsen Ausscheiden will der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen klaren Neuanfang. Doch die Verantwortlichen kleben weiter in ihren Ämter. So bleibt nicht nur Löw Bundestrainer – in der Vergangenheit hat nicht ein Bundestrainer ein Vorrunden-Aus überlebt -, sondern auch sein Partner in der sportlichen Leitung, Oliver Bierhoff.
Der Schütze des Golden Goals von 1996 arbeitet offiziell als Teammanager für den DFB. Doch was er da so den ganzen Tag über treibt, weiß eigentlich keiner. Bei der Weltmeisterschaft wurde hingegen nur deutlich, dass sich das Duo Löw/Bierhoff wohl nicht mehr so gut versteht. Der Streit um die Quartiersfrage, ob Plattenbau in Watutinki nahe Moskaus oder Fünf-Sterne-Hotel in Sotschi am Schwarzen Meer, war ein Machtkampf auf höchster Ebene, den der Teammanager gewann.
DFB zwingt Spieler zu nichts
Als Retourkutsche genoss Löw, auch öffentlich, jeden Moment des Aufenthalts in Sotschi vor dem Schweden-Spiel und demonstrierte in der Öffentlichkeit die Wohlfühloase am Schwarzen Meer. Lässig ließ sich der Bundestrainer mit Sonnenbrille auf der Nase ablichten, als wolle er zu Bierhoff sagen: „Guck mal, wie schön es hier ist. Aber du wolltest ja nicht.”
Der Bruch war offensichtlich und er dürfte nun noch größer sein. Eigentlich wollte der DFB im Ruhigen alles auf den Prüfstein stellen. Doch nun geht ausgerechnet der Teammanager in die Offensive. Bierhoff stellt Mesut Özil öffentlich an den Pranger. „Wir haben Spieler bei der deutschen Nationalmannschaft bislang noch nie zu etwas gezwungen, sondern immer versucht, sie für eine Sache zu überzeugen. Das ist uns bei Mesut nicht gelungen. Und insofern hätte man überlegen müssen, ob man sportlich auf ihn verzichtet”, sagte Bierhoff.
Schweden zeigen, wie es geht
Hintergrund war das Foto des deutschen Nationalspieler in der WM-Vorbereitung mit dem türkischen Präsidenten Erdogan. Doch genau da war es noch Bierhoff, der das Thema öffentlich kleinredete. Im Fernsehen sagte er: „Mein Ratschlag an die Jungs ist: Redet nicht mehr darüber, konzentriert euch auf den Sport.” Ein Schlag gegen die Medien, den er allerdings öffentlich gegen Özil austeilt.
Wie es anders geht, haben die Schweden gezeigt. Jimmy Durmaz, der gegen Deutschland das Foul an Timo Werner vor dem 2:1 verursachte, wurde im Internet massiv bedroht. Das Team stellte sich aber komplett hinter ihn. Demonstrierte Einheit, das ist beim DFB ganz und gar nicht mehr der Fall.
Entfremdung der Fans
Die Frage ist, was Bierhoff mit dieser Aussage bezwecken will. Will er von seinen eigenen Fehlern ablenken? Klar ist bisher: Der Bruch zwischen ihm und Löw ist unübersehbar. Dazu kommt, dass Bierhoff auch bei den Fans an Kredit verloren hat. „Die Mannschaft” wird immer mehr zur PR-Maschinerie und verliert den Kontakt zu den Fans.
Den Zugang erhalten Zuschauer nur noch über den offiziellen DFB-Fanclub, immer mehr Sponsoren kommen in die Stadien, die Choreographien sind durchorganisiert, der Werbe-Hype extrem. Der normale Fußball-Fan kommt deutlich zu kurz. Die Handschrift Bierhoffs, der es natürlich anders sieht. „Im Trainingslager sind die Spieler teils mit dem Fahrrad zum Trainingsplatz gefahren, haben bei den wartenden Fans angehalten und Autogramme geschrieben. Oft wird da einiges verklärt, denn solch eine Nähe gab es zu meiner aktiven Zeit nie”, sagte der Teammanager.
Wenn der DFB also schon anfängt für klare Verhältnisse zu sorgen und alles auf den Kopf zu stellen, sollte er erst einmal bei sich anfangen. Der Fisch fängt bekanntlich am Kopf an zu stinken.