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Überflieger Raphael Holzdeppe

Erster deutscher Weltmeister mit dem Stab

Moskau / Lesedauer: 4 min

Wolfgang Nordwig ist der bisher einzige deutsche Olympiasieger im Stabhochsprung. Jetzt hat die deutsche Leichtathletik auch einen Weltmeister. Der 23 Jahre alte Raphael Holzdeppe düpierte in Moskau alle.
Veröffentlicht:12.08.2013, 22:00
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Raphael Holzdeppe rannte los wie ein Irrwisch und riss sich das Trikot vom Leib. Der 23-Jährige vom LAZ Zweibrücken ist der erste deutsche Weltmeister im Stabhochsprung - und für den Olympia-Dritten war es über 5,89 Meter ein Satz in den siebten Himmel. In einem nahezu perfekten Wettkampf bezwang Holzdeppe am Montagabend in Moskau in Renaud Lavillenie sogar den Goldmedaillengewinner von London. Fassungslos schwang er auf der Ehrenrunde die deutsche Fahne, begleitet von Björn Otto, der diesmal Bronze holte. „Jetzt bin ich Weltmeister und alles ist geil“, sagte Holzdeppe, der noch nie deutscher Meister wurde.

Am liebsten hätte der überglückliche Sieger wie Diskus-Riese Robert Harting im Überschwang der Gefühle sein Trikot zerrissen. „Aber ich bin nicht so stark wie der Robert“, sagte er später lächelnd. Es war das erste Edelmetall des Deutschen Leichtathletik-Verbandes bei den Stabartisten seit dem dritten Platz von Danny Ecker (Leverkusen) 2007 in Osaka - und der erste Titel in Moskau. „Es gibt wirklich nicht sehr viel, was man als Stabhochspringer erreichen kann“, sagte Holzdeppe, deshalb bedeutete ihm das erste WM-Gold eines deutschen Stabartisten „wirklich sehr viel“.

Holzdeppe hatte die Siegeshöhe im ersten Versuch gemeistert, Lavillenie benötige drei Anläufe. Der 35-jährige Kölner Otto flog über 5,82 Meter. „Er hat genau gewusst, was er machen wollte“, sagte Trainer Chauncey Johnson über seinen Schützling Holzdeppe. „Er hat seine Ziele gehabt.“

Der Jüngste machte von Anfang an den sichersten Eindruck

Topfavorit Lavillenie hatte zu Beginn einen völlig verkorksten Satz über die Einstiegshöhe von 5,65 Meter. Sein jüngerer Bruder Valentin war an der Einstiegshöhe von 5,55 gescheitert und vergoss bittere Tränen. Der Franzose Renaud Lavillenie war kürzlich in London 6,02 gesprungen und ist seit dem vergangenen Jahr der absolute Überflieger unter den Stabartisten. Sechs der acht Sprünge, die in diesem Sommer bislang 5,90 Meter oder höher waren, gingen auf sein Konto - und doch blieb ihm das so ersehnte erste WM-Gold an diesem Abend verwehrt.

Wie schon 2012 bei der EM in Helsinki und bei den Sommerspielen in London blies das deutsche Trio zur Jagd auf den Olympiasieger, und wie bei beiden Wettkämpfen teilten sich Holzdeppe, Lavillenie und Otto die Medaillen. „Wir werden nicht als Mannschaft gegen ihn antreten. Bei einer Weltmeisterschaft kämpft jeder für sich“, hatte jedoch ausgerechnet Holzdeppe erklärt.

Der Jüngste unter den deutschen Teilnehmern machte von Beginn an den mit Abstand sichersten Eindruck. Otto hatte in dieser Saison Lavillenie zweimal in den USA bezwungen und prophezeit: „Jeder ist schlagbar. Wenn man Renaud unter Druck setzt, ist er zu packen.“ Im Nachhinein fühlte sich der 35-Jährige natürlich bestätigt. „Sauber! Alle im ersten gesprungen. So kann man Renaud unter Druck setzen“, meinte Otto, der am Ende nicht so ganz glücklich war mit Bronze: „Ein bisschen blöd. Da war mehr drin heute.“

Deutsche Konkurrenten konnten nicht nachziehen

Aber nicht der Olympia-Zweite und Vize-Europameister, sondern Holzdeppe überflog als Erster die 5,82 - und das mit viel Luft zur Stange. „Genau alles so lassen. Gut gemacht“, lobte sein Coach Johnson. Sein Athlet hatte Anfang Juni beim Diamond-League-Meeting in Rom Lavillenie schon geschlagen und strotzte nur so vor Selbstbewusstsein: „Ich reise mit einem viel besseren Gefühl nach Moskau als zu den Olympischen Spielen nach London vor einem Jahr.“

Das trog ihn nicht. Auch die 5,89 packte Holzdeppe auf Anhieb und mühelos. Seine deutschen Konkurrenten konnten nicht nachziehen, und Lavillenie, der seinen ersten so ersehnten WM-Titel verpasste, konnte nicht mehr zulegen. Der Wattenscheider Malte Mohr wurde am Ende Fünfter. So ließ sich Holzdeppe als Überflieger des Abends in Moskau feiern.