StartseiteSportHenry Maske – Der Gentleman im Boxring

Profikarriere

Henry Maske – Der Gentleman im Boxring

Binz / Lesedauer: 7 min

Henry Maske war mehrfacher DDR-Meister, Europa- und Weltmeister sowie Olympiasieger. Nach der Wende verpasste er dem Profiboxen in Deutschland einen komplett neuen Stellenwert.
Veröffentlicht:09.07.2022, 18:00

Artikel teilen:

Gentleman bleibt Gentleman. Henry Maske bleibt seinem Image einfach treu – und das auch noch ein knappes Vierteljahrhundert, nachdem der einstige Weltklasse-Boxer in aller Munde war. Maske war es, der das Profiboxen in Deutschland einst aus der Schmuddelecke geholt und auch in den oberen Schichten der Gesellschaft so richtig salonfähig gemacht hatte.

Und genau jener Maske ist es, der heute als inzwischen 58-Jähriger einem jungen Pärchen am Binzer Ostseestrand den Vortritt lässt. Er springt zur Seite, als würde er den Schlägen seiner früheren Kontrahenten ausweichen, die es ohnehin schwer hatten, ihn zu treffen, vornehm lässt er die junge Frau samt männlicher Begleitung passieren, um dann auf die Holzlatten, die hin zur Ostsee führen, zurückzukehren.

Genau dort gönnt sich Henry Maske ein paar schöne Tage, er liebt die Ostsee und die Insel Rügen. Genauso wie er einst den Boxsport geliebt hat. Den Sport, der ihn zu einem Superstar machte, zu einem Mann, den jeder kannte und der jahrelang die Titelseiten sämtlicher Zeitungen und Magazine zierte. Doch bis es Anfang, Mitte der Neunziger soweit war, bis dahin war es doch ein ziemlich langer Weg, den Maske gehen musste.

Schulkamerad hatte so richtig Bock auf den Boxsport

Geboren im brandenburgischen Treuenbrietzen kam der damals sechsjährige Henry Maske in Jüterbog erstmals mit dem Boxsport in Berührung. Ein Schulkamerad aus der 1. Klasse hatte so richtig Bock, sich in dieser Sportart auszuprobieren und schleppte seinen Kumpel Henry einfach mit.

„Ich sag immer: Er ist nach drei Wochen gegangen, ich erst nach 26 Jahren“, erinnert sich Maske lächelnd, wohl wissend „dass das mit den drei Wochen vielleicht gar nicht wirklich stimmt, eventuell waren es ein paar Wochen mehr“.

Maske jedoch hielt länger durch, auch wenn der Weg ein steiniger war. Er war der Jüngste in der Trainingsgruppe, musste sich also früh beweisen. Noch heute schwärmt er von seinem ersten Trainer. „Er hat damals nichts getan, dass ich das Interesse am Boxen verloren habe“ und legte somit den Grundstein für eine später sehr erfolgreiche Karriere.

Die jedoch im Alter von nur neun Jahren das erste Mal so richtig eingebremst wurde. Nicht etwa, weil die Leistung stagnierte oder der kleine Henry Maske keine Lust mehr hatte, sich im Training richtig zu quälen. Nein, es hatte ganz andere Gründe für einen damals angedachten kompletten Ausstieg, der dann aber nur wenige Monate andauerte.

Kurzzeitig stand der Boxsport auf der Kippe

Glücklicherweise, wie sich Jahre später herausstellen sollte. „Ich wollte endlich in den Ring und kämpfen“, erinnert sich Maske, das war damals aber erst ab dem zehnten Lebensjahr möglich. Anders war es bei der Leichtathletik, wo man sich schon als Neunjähriger längst mit seinen Kontrahenten messen konnte und im Idealfall nach einem erfolgreichen Wettkampf eine Medaille um den Hals baumeln hatte.

Daher liebäugelte Maske mit einem Wechsel zur Leichtathletik, brachte auch erfolgsversprechende Anlagen mit, doch sein Vater stellte klar: „Du kannst nur zur Leichtathletik wechseln, wenn du auch weiterhin zum Boxen gehst.“ Irgendwie legte der Sohnemann aber trotzdem eine mehrmonatige Pause ein, kehrte dann aber wieder zum Boxsport zurück.

Mit einer Sondergenehmigung gelang es ihm sogar, noch als Neunjähriger seine ersten beiden Kämpfe stattfinden zu lassen. Beide konnten gewonnen werden, der Dritte, dann mittlerweile als Zehnjähriger, wurde verloren. Wenige Jahre später ging es als frisch gebackener Spartakiadesieger mit 13 zur Sportschule nach Frankfurt/Oder. Dort gab es den ersten Gegenwind.

DDR-Sportler wurden oftmals nur belächelt

„Die Boxtrainer, die nicht für mich verantwortlich waren, fragten sich, wie ich es überhaupt bis dorthin geschafft habe“, erinnert sich Maske, „mein Stil zu boxen, gefiel ihnen wohl nicht. Ich habe damals schon versucht, in erster Linie nicht getroffen zu werden beziehungsweise Treffer der Gegner zu vermeiden“.

Ein Stil, der sich auch im späteren Verlauf seiner Karriere nicht großartig ändern und dennoch für große Erfolge stehen sollte. Dem Nachwuchsalter entwachsen, das Abitur in der Tasche, machte sich Maske als Amateurboxer immer mehr einen Namen.

Erst auf nationaler Ebene, später dann auch international. Mehrfacher DDR- sowie Europameister, 1988 Olympiasieger in Seoul und 1989 Weltmeister in Moskau – beeindruckende Erfolge schon vor dem großen Wendeknall.

Die DDR war Geschichte, der Profiboxer Henry Maske geboren. Das jedoch sei damals keinesfalls selbstverständlich gewesen, so Maske auch heute noch. Der Grund: „Wir DDR-Sportler wurden kurz nach der Wende ja oftmals belächelt.“

Auch das Profidebüt hielt so einige Überraschungen bereit

Und das Profiboxen seinerzeit lag im Westen Deutschlands ohnehin in der untersten Schublade. Und dennoch unterschrieb Henry Maske am 1. April 1990 seinen Profivertrag bei Wilfried Sauerland. Der damals 26-Jährige erinnert sich noch ziemlich gut an die Anfänge.

„Wir durften von heute auf morgen nicht mehr auf dem Trainingsgelände der Sportschule in Frankfurt/Oder trainieren, wurden von den Verantwortlichen von der Laufbahn geschickt und haben uns dann in einem alten Garagenkomplex meines Trainers Manfred Wolke Trainingsmöglichkeiten auf knapp 70 Quadratmetern eingerichtet“, so Maske.

Auch das Profidebüt im Mai 1990 hielt so einige Überraschungen für den Neuling bereit. Der Gegner, der Mexikaner Antonio Arvizu, stand urplötzlich mit stinknormalen Turnschuhen im Ring, so Maske mit einem Schmunzeln auf den Lippen, der als Amateur-Weltmeister schließlich schon ganz andere Auftritte und vor allem professionelleres Equipment seiner Gegner im Seilquadrat gewohnt war und mit den Geschehnissen doch ein wenig fremdelte.

Nach wenigen Sekunden waren die Turnschuhe jedoch auch schon wieder aus dem Ring verschwunden, denn deren Träger war heillos überfordert. Knockout in der ersten Runde, Maskes Profidebüt war gelungen. 1993 holte sich Henry Maske – in seinem 20. Profikampf – erstmals den Weltmeistergürtel.

Auch die Intellektuellen wurden überzeugt

Auch außerhalb des Rings sorgte der 1,90 Meter große Modellathlet dafür, dass das Profiboxen immer mehr an Ansehen gewann. Bei Talkshows überraschte der aufgrund seines kultivierten Auftretens und seines Boxstils inzwischen als „Gentleman“ gefeierte Faustkämpfer damit, dass es ein Profiboxer schaffte, mehr als drei Sätze unfallfrei auszusprechen.

Auf eloquente Art und Weise verstand es Maske vorzüglich, auch die Intellektuellen des Landes nach und nach für den nun aufstrebenden Profiboxsport in Deutschland zu begeistern und anstatt der C- und B-Promis schließlich die wahren Berühmtheiten in den ersten Reihen am Ring zu platzieren.

Das professionelle Boxen war endlich angekommen, Maske-Kämpfe am Samstagabend waren Straßenfeger mit Millionen Zuschauern vor den TV-Geräten und Tausenden von Gästen in restlos ausverkauften Hallen. „Es war riesiges Glück, das wir drei irgendwann zusammengefunden haben“, sagt Maske und meint damit Promoter Wilfried Sauerland, sich selbst und Helmut Thoma, den ehemaligen Fernsehchef von RTL. Das Trio sorgte dafür, dass jeder einzelne Maske-Kampf ein großes Spektakel wurde.

Von denen gab es bis zum November 1996 insgesamt 30, ehe Henry Maske vor dem Kampf gegen Virgil Hill sein Karriereende verkündete. Und prompt setzte es im letzten Kampf die erste und einzige Niederlage als Profi. Daran änderte auch der Sieg bei der eindrucksvollen Revanche elf Jahre später beim großen Comeback 2007, ebenfalls gegen Hill, nichts.

Danach verschwand Henry Maske aber vollends von der großen Boxbühne, tauchte fortan nur noch als TV-Experte in der Nähe des Boxrings auf. Als Franchiseunternehmer betrieb Maske zehn McDonalds-Filialen, von denen er sich aber vor knapp zwei Jahren wieder verabschiedete. Zudem hält der frühere Weltmeister Vorträge zum Thema Motivation sowie Inspiration und ist Schirmherr der Stiftung „A Place for Kids“. Wie es sich für einen Gentleman eben gehört.