Interview

Rodel-Königin will Thron verteidigen

Oberhof / Lesedauer: 4 min

Julia Taubitz gehört zu den Favoritinnen bei der am Freitag beginnenden Rodel-Weltmeisterschaft in der Eisarena in Oberhof. Die 26-Jährige vom WSC Erzgebirge Oberwiesenthal geht als Titelverteidigerin in die Rennen. Nordkurier-Redakteur Thomas Krause hatte die Gelegenheit, mit Julia Taubitz zu sprechen.
Veröffentlicht:26.01.2023, 09:00
Aktualisiert:26.01.2023, 09:11

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Die Heim-WM in Oberhof dürfte eine besondere WM werden: Was ist größer, die Freude oder der Druck?

Die Freude. In Oberhof ist sehr viel für diese WM und auch für die WM im Biathlon umgebaut worden. Da wurde viel Geld investiert, um es hier schön zu machen. Das WM-Fieber in Oberhof ist schon überall zu spüren.

Spüren Sie überhaupt keinen WM-Druck?

Ein bisschen Druck wird schon noch kommen, ich bin Titelverteidigerin. Aber die letzte WM ist zwei Jahre her. Jetzt ist es eine andere Bahn, die Voraussetzungen sind andere.

Würden Sie widersprechen, wenn ich sagen würde, Sie treten als Titelfavoritin an?

Nein, das würde ich nicht. Als Titelverteidigerin ist man automatisch auch die Favoritin. Und ich will den Titel ja auch.

Wer sind für Sie die ärgsten Konkurrentinnen?

Da sind natürlich Anna Berreiter und Dajana Eitberger aus unserer Mannschaft zu nennen. Ich rechne aber auch stark mit der Österreicherin Madeleine Egle, die in Oberhof immer sehr gut fährt, und der Amerikanerin Emily Sweeney.

2021 bei der WM in Königssee gab es einen deutschen Dreifach-Triumph mit Ihnen als Weltmeisterin. Ist von daher eine Goldmedaille in Oberhof nicht fast Pflicht?

Nein, das hat unser Cheftrainer auch noch gar nicht erwähnt. In Königssee war es damals für die anderen die Höhle des Löwen. Wir haben damals scherzhaft von einer Deutschen Meisterschaft gesprochen. In Oberhof fahren aber auch die anderen gut. Ich denke nicht, dass es wieder eine Deutsche Meisterschaft wird.

Für Sie scheint Oberhof ein gutes Pflaster zu sein. Ihre erste Top-Ten-Platzierung im Weltcup erreichten Sie 2016 in Oberhof.

Ja, das stimmt. Aber ich sehe das zwiespältig. Es gibt in Oberhof immer gute und schlechte Tage. Dort habe ich zuletzt zwei Qualifikationsrennen vermasselt. In der Saison habe ich einmal einen Nervenzusammenbruch bei einem Rennen und der ist immer in Oberhof. Den hätte ich jetzt schon weg.

Die Russen werden in Oberhof nicht am Start sein. Schmälert der Ausschluss so einen Höhepunkt nicht?

Es fehlt schon die Konkurrenz, klar. Die Russen hatten gerade in den vergangenen Jahren immer Topleute, die vorn reingefahren sind. Aber es ist nun mal so, dass sie nicht starten dürfen.

Was wäre für Sie eine Enttäuschung bei der WM?

Wenn ich keine Medaille hole, wenn ich Läufe vermasseln würde.

Bei Olympia 2022 traten Sie als Topfavoritin an. Nach einem schweren Sturz im zweiten Durchgang setzten Sie sich dennoch in den letzten beiden Durchgängen wieder auf den Schlitten und wurden Siebte. Wie lange haben Sie gebraucht, das zu verarbeiten?

Ich bin damals ja am nächsten Tag gleich wieder gefahren, von daher war das da schon abgehakt. Aber natürlich hat das sehr geschmerzt. Aber auch ein schmerzhaftes Erlebnis gehört zu einer Karriere. Was mich damals unheimlich gefreut und aufgebaut hat, war der Zuspruch von ganz vielen Menschen, auch von Sportkollegen. Ich glaube, Olympia hat mich menschlich gestärkt.

Sie hatten es angesprochen, in Oberhof ist sehr viel Geld investiert worden. Gefällt Ihnen die neue Bahn denn?

Auf jeden Fall. Der Bahnkörper ist zwar geblieben, aber das Ganze ist nun überdacht, wie eine kleine Halle. Die Bahn ist wettergeschützt und garantiert fairere Wettkämpfe. Ja, es ist viel Geld investiert worden, aber auch in die Zukunft.

Was fasziniert Sie am Rodeln?

Wenn ich auf dem Schlitten sitze, bin ich im Hier und Jetzt, für mich allein. Dieses Gefühl habe ich bei keiner anderen Tätigkeit. Und ich liebe es, mit dieser Geschwindigkeit ungeschützt die Bahn runterzurasen. Das gibt mir den Kick.

Haben Sie dabei niemals Angst?

Nein, wenn dann Respekt. Du darfst niemals Angst haben, dann geht es meistens schief.