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Jürgen Pommerenke

DDR-Fußball-Legende gewann selbst den Europapokal

Magdeburg / Lesedauer: 6 min

Jürgen Pommerenke gehört zu den erfolgreichsten Spielern in der Geschichte des DDR-Fußballs. Er ist eine Legende des 1. FC Magdeburg. Am Sonntag wird er 70.
Veröffentlicht:22.01.2023, 08:00

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Im Herbst seines Lebens ist Jürgen Pommerenke doch noch im Westen gelandet. Dorthin, wo er früher nicht hinwollte. Mit seiner Frau ist er den Kindern gefolgt, Pommerenkes leben nun in der Nähe von Mönchengladbach. In einer Kleinstadt-Idylle. „Es ist schön hier, es gibt viel Natur“, erzählt er.

Jürgen Pommerenke ist einer der erfolgreichsten Spieler in der Geschichte des DDR-Fußballs, eine Legende des 1. FC Magdeburg, und es wäre damals für ihn ein Leichtes gewesen, „rüber zu machen“. „Das war aber nie ein Thema“, sagt Pommerenke. Am Sonntag feiert er seinen 70. Geburtstag.

Prägende Figur der goldenen Jahre im DDR-Fußball

Heinz Krügel, einst sein Trainer beim FCM und selbst eine Legende, sagte einmal: „Jürgen war ein Mittelfeldregisseur, der in jeder europäischen Spitzenmannschaft eine Führungsposition hätte einnehmen können.“

Pommerenke war eine der prägenden Figuren der goldenen Jahre des Fußballs der DDR. Ein Star, dessen sportliche Vita sich eindrucksvoll liest: In 301 Oberligaspielen (82 Tore), 55 Pokalpartien (17) und bei 48 Europapokaleinsätzen (14) trug er das blau-weiße Trikot des FCM. Mit dem Klub, für den er 15 Jahre kickte, holte er drei Meistertitel, vier Pokalsiege und gewann 1974 als Krönung nach dem 2:0 im Finale gegen den AC Mailand den Europapokal der Pokalsieger. Für die DDR-Nationalelf lief er 57 Mal auf, holte 1972 Bronze bei den Olympischen Spielen und gehörte zwei Jahre später zur legendären DDR-Mannschaft, die bei der Weltmeisterschaft in der BRD Sechster wurde.

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Und er trägt heute noch einen Titel, den ihn niemand mehr nehmen kann: 1975 wurde Jürgen Pommerenke zum DDR-Fußballer des Jahres gekürt – er war und ist der jüngste Spieler, dem diese Ehre in der DDR zuteil wurde.

Für einen wie ihn – Spielmacher mit feiner Technik und Torgarantie – wäre in jedem Bundesligaklub Platz gewesen. „Wir waren damals ja schon mit 20 fast alle verheiratet, hatten Familie. Die Frage, in den Westen zu gehen, hatte sich einfach nicht gestellt“, sagt er.

In Wegeleben im Vorharz begann die Karriere

Als Fußballer ließ es sich ja auch gut leben in der DDR. „Wir hatten Privilegien, konnten in den Westen reisen, haben ganz gut verdient“, erzählt der einstige Mittelfeld-Star. In Wegeleben, der Kleinstadt im Vorharz, begann der kleine Jürgen mit dem Fußball, mit 14 wechselte er zum 1. FC Magdeburg.

Schon im Juniorenbereich wurde schnell deutlich – der Mittelfeldspieler kann ein Großer werden. 1970 gewann Pommerenke in Schottland mit der DDR-Auswahl das UEFA-Junioren-Turnier, Vorläufer der U21-EM. Mit 17 debütierte er in der DDR-Oberliga – am 26. September beim 3:2 gegen Lok Leipzig. Heinz Krügel gab dem Sonnyboy damals die Chance im Oberligateam. Pommerenke sagt, dass er Krügel sehr viel zu verdanken habe. „Er war autoritär, sehr bestimmend, aber unter ihm haben wir die größten Erfolge gefeiert.“

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Der erste Karriere-Höhepunkt folgte mit 19: Bei den Olympischen Spielen 72 in München stand er in allen Partien auf dem Feld, am Ende gab es Bronze für die DDR. München ist für den Magdeburger aber vor allem mit einem Schockerlebnis verbunden, das er bis heute nicht vergessen hat. Das Attentat, als palästinensische Terroristen im Olympischen Dorf israelische Sportler überfielen und später beim Befreiungsversuch in Fürstenfeldbruck neun Mitglieder des israelischen Teams getötet wurden.

„Wir hatten gegenüber gewohnt und alles gesehen: Die Männer mit ihren Handgranaten am Gürtel und den Maschinenpistolen. Man hat uns gesagt, ja nicht den Balkon zu betreten“, blickt Jürgen Pommerenke zurück: „Aber wir waren jung und sind trotzdem raus, haben sogar Fotos gemacht.“ Die Bilder von damals habe er heute noch, allerdings verschlossen für die Öffentlichkeit.

Beim Spiel gegen die BRD fehlte Pommerenke

Das Jahr 1974 war sein erfolgreichstes Jahr. Im Mai gewann er in Rotterdam mit dem FCM den Cup der Pokalsieger, im Sommer fuhr er mit der DDR-Auswahl zur Weltmeisterschaft in den anderen Teil Deutschlands. Drei Spiele über 90 Minuten absolvierte der Techniker beim WM-Turnier, beim legendären 1:0 gegen den späteren Weltmeister BRD gehörte er nicht einmal zum Kader. Cheftrainer Georg Buschner blieb eine Erklärung schuldig. „So war das damals eben, der Trainer hat entschieden und gut wars“, sagt Jürgen Pommerenke und fügt mit einem Schmunzeln hinzu: „Damals hat man auf den Trainer ja auch noch gehört.“

1983 gewann er mit dem 1. FC Magdeburg noch einmal den Pokal, ein Jahr später beendete der geniale Mittelfeldspieler seine Laufbahn – das Knie machte zusehends Probleme. Sein letztes Oberligaspiel bestritt er am 15. September bei der 1:3-Niederlage beim BFC Dynamo.

Wenn er auf seine Jahre als Fußballer zurückschaut, dann sei er „schon sehr stolz“, sagt Jürgen Pommerenke: „Gerade die 70er Jahre waren aber auch eine erfolgreiche Zeit für den DDR-Fußball, wir hatten in der Phase einige gute Mannschaften.” Er sei dankbar, mit Spielern wie Seguin, Zapf, Streich, Sparwasser oder auch Dörner zusammengespielt zu haben. Torjäger Joachim Streich und Libero Hans-Jürgen Dörner aus Dresden sind für ihn die besten Fußballer seiner Zeit gewesen: „Zu ihnen habe auch ich aufgeschaut.“

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Nach der Karriere arbeitete Jürgen Pommerenke, der 1985 an der Sporthochschule DHfK in Leipzig das Trainerdiplom erwarb, einige Jahre als Trainer, vor allem im Nachwuchs. Später war der Magdeburger mit einer Fußballschule unterwegs, ist dabei in den Sommerferien viele Jahre auch in Pasewalk zu Gast gewesen.

Am großen Fußball heute hat Jürgen Pommerenke das Interesse nahezu verloren. „Es ist mir zu viel Kommerz dabei. Ich glaube auch, dass das nicht gut gehen kann“, sagt er.

Den 1. FC Magdeburg, der wieder in der 2. Bundesliga spielt, verfolgt er hingegen „sehr aufmerksam“ – Ehrensache. „Ich hoffe, dass der Club die Klasse halten kann“, sagt Pommerenke. Am kommenden Freitag ist der FCM zu Gast in Düsseldorf. Von seinem Wohnort ist es nur eine gute Stunde mit dem Auto nach Düsseldorf. „Es wäre mal wieder eine gute Gelegenheit, den Club zu sehen“, sagt er. Seinen Club.