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Leichtathletik

SCN-Läufer vor gigantischer WM-Aufgabe

Neubrandenburg / Lesedauer: 4 min

Elija Ziem fährt als einziger Leichtathlet aus Mecklenburg-Vorpommern zur U20-Weltmeisterschaft nach Kolumbien. Er freut sich riesig.
Veröffentlicht:21.07.2022, 08:00

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Wenn Elija Ziem vom Rennen seines Lebens erzählt, merkt man schnell, dass er das Ganze längst nicht verarbeitet hat – dieser Erfolg ist noch so unwirklich. Bei den Deutschen U20-Meisterschaften in Ulm trat der Läufer vom SC Neubrandenburg als Neuntschnellster dieser Saison über 800 Meter an: 1:49,22 Minuten später war der 18-Jährige Deutscher Meister und WM-Teilnehmer.

Nun geht es am Freitag mit dem Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes von Frankfurt/Main für eine Woche nach Tampa (Florida) ins Vorbereitungscamp für die U20-WM in Cali (Kolumbien), die am 1. August im Estadio Olimpico beginnt. „So richtig begreifen werde ich das wohl erst, wenn ich im Flieger sitze”, sagt der Sportgymnasiast. Der Start bei der U20-WM ist der größte Erfolg in der noch jungen Karriere des Wareners, der seit der fünften Klasse für den SC Neubrandenburg läuft.

Angesichts der Saison bisher grenzt es aber an ein Wunder, dass Elija Ziem in Cali das Nationaltrikot tragen kann. Im Februar in Sindelfingen wurde er bei den Deutschen Hallenmeisterschaften nur Letzter über 800 Meter – nach einem Rennen, das zeitweise an eine Prügelei unter Jugendlichen erinnerte. Der SCN-Mann zahlte damals viel Lehrgeld in seinem ersten U20-Jahr. Kleinere Verletzungen und eine böse Coronaerkrankung schlossen sich in den folgenden Wochen an – richtig in Fahrt kam Ziem nicht.

„So einigermaßen trainieren konnten wir erst ab April”, erzählt der Schützling von Trainer Thomas Peucker. Irgendwann wurde dann klar, es gibt nur diese eine Chance auf die WM-Fahrkarte – in Ulm. Und er nutzte sie. „Elija kann einfach Meisterschaften. Es war klar, dass wir alles oder nichts gehen mussten, weil Elija die WM-Norm (1:50,00) noch nicht hatte”, sagt Thomas Peucker.

Der Läufer versetzte die Konkurrenz in Schock

Im Donaustadion versetzte der SCN-Läufer die Konkurrenz mit seiner Taktik regelrecht in Schockstarre – sozusagen mit einem Soloritt sprintete Elija Ziem zu Gold und WM. „Ich hatte die Zeit im Ziel gar nicht gesehen, aber ich wusste, dass ich die Norm hatte”, erzählt er. Jetzt also Weltmeisterschaft in Kolumbien. Der SCN-Läufer tritt die Reise nach Südamerika mit einer großen Portion Respekt an – die Konkurrenz über die 800 Meter ist gigantisch.

Die besten 20 der Welt über die zwei Stadionrunden haben alle Zeiten unter 1:48 zu stehen. Die Nummer 1 ist der Kenianer Emmanuel Wanyonyi mit 1:44,01 Minuten, bester Europäer aktuell der Pole Kacper Lewalski (1:45,48). „Das sind Männerzeiten”, sagt Thomas Peucker. Sein Schützling ist gerade der U18 entrückt. Dementsprechend sind die Ziele formuliert. „Das Finale ist ganz weit weg. Ich möchte den Vorlauf überstehen, um das Halbfinale zu erreichen. Und ich würde gern eine neue persönliche Bestzeit laufen”, sagt Elija Ziem. Auch Peucker betont, dass man von Dingen wie Finale überhaupt nicht reden braucht: „Für mich wird bei der WM vor allem auch der Vergleich mit den europäischen Läufern interessant sein.”

Nach Ulm gab es mehr als hundert Glückwünsche

Eines, so der SCN-Trainer, werde Elija in Cali aber auf jeden Fall nicht haben – Angst. „Elija hat ein gesundes Selbstvertrauen. Im Wettkampf ist er ein Killer”, sagt Thomas Peucker.

Am Dienstag absolvierte der Mittelstreckler ein lockeres Training im Jahnstadion, am Mittwich standen zwei weitere Einheiten auf dem Plan. An diesem Donnerstag geht es dann für Elija Ziem mit dem Zug nach Frankfurt – Freitag früh hebt der Flieger Richtung USA ab.

Nach dem Erfolg bei den Meisterschaften in Ulm brach über ihn eine wahre Nachrichtenflut herein – mehr als hundert Glückwünsche hätten ihn auf allen Kanälen erreicht. „Das war unglaublich”, sagt der SCN-Sportler. Nach der WM könnte die nächste „Flut” folgen. Elija Ziem hätte wohl nichts dagegen: „Ich fahre nicht zur WM, um das Land zu sehen. Ich möchte etwas erreichen.”