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Kommentar

Toni Kroos' 100. Länderspiel – Was für ein erbärmliches Jubiläum!

Köln / Lesedauer: 2 min

Der Ex-Greifswalder Toni Kroos war schon früh vom Ehrgeiz gepackt. Sein 100 Länderspiel nun muss er vor unwürdiger Kulisse geben, findet unser Kommentator Peter Krüger.
Veröffentlicht:13.10.2020, 21:17

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Immer wenn ich den Fußballer Toni Kroos – egal ob nun im Trikot von Real Madrid oder im deutschen Nationaldress – sehe, muss ich unweigerlich an einen Greifswalder Wintertag in den frühen 2000er-Jahren denken.

Kroos, damals noch als Jungspund und Nachwuchskicker von Hansa Rostock bei einem Hallenturnier in der Greifswalder Mehrzweckhalle unterwegs – ich selbst als frisch ausgebildeter Mann an der Pfeife, als Schiedsrichter also.

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Ehrgeiz war nur für 120 Sekunden einzubremsen

Schnell war auch mir, immerhin selbst ein mittelprächtiger Dorffußballer, klar, dass der blonde Bube da im blau-weißen Hansa-Trikot von allen anderen Juniorenkickern auf dem Parkett und auch mir als Erwachsenen fußballerisch zig Lichtjahre entfernt war.

Der geniale Umgang mit dem Ball, die routinierte Zweikampfführung und der schon in jungen Jahren unfehlbare Ehrgeiz – all das zeichnete Toni Kroos in der Greifswalder Sporthalle aus. Einen Ehrgeiz, den ich als Schiri mit einer verhängten Zweiminutenstrafe (für Meckerei gegen den Schiri) nur für ganze 120 Sekunden einbremsen konnte – dann zog Toni Kroos weiter einsam seine Bahnen, mit Zuckerpässen zu seinen Mitspielern oder eben eigenen Toren. Großes Kino schon damals.

Rahmenbedingungen sind erbärmlich

Nun, knapp zwei Jahrzehnte, vier Champions-League-Titel, mehrere Meisterschaftsgewinne und Pokalsiege sowie einen Weltmeistertitel später, feiert genau dieser damals so ehrgeizige wie wundersame Nachwuchskicker ein unfassbares Jubiläum – und zwar das 100. Länderspiel.

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Toni Kroos ist somit der 15. deutsche Fußballer, der am Dienstagabend knapp 700 Kilometer südöstlich von Greifswald, im Kölner RheinEnergie-Stadion in den „Klub der Hunderter” aufgenommen wird. Gegner in der Nations League ist die Schweiz, die Rahmenbedingungen für ein solch imposantes Jubiläum sind jedoch alles andere als feierlich, ehrlich gesagt sind sie geradezu erbärmlich.

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Denn nicht ein einziger Zuschauer ist im Stadion, Corona sei Dank. Nur sein Vater Roland und seine Frau Jessica durften ehrenhalber im Stadion platznehmen. Ein paar klatschende und gratulierende Mit- und Gegenspieler, Trainer, Mediziner und Betreuer – das war's. Da wurden seine Pässe und Tore in der Greifswalder Mehrzweckhalle an einem tristen Wintertag von den anwesenden Eltern auf den Zuschauerbänken weitaus gebührender gefeiert.

Nichtsdestotrotz – egal wie das beeindruckende Jubiläum im Kölner Stadion auch gefeiert wird oder eben nicht, die Leistung, die Zahl der 100 Länderspiele bleibt bestehen – ich ziehe meinen Hut und gratuliere Dir, lieber Toni Kroos.