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Totensonntag

Die Zeit heilt keine Wunden

Prenzlau / Lesedauer: 4 min

Sieben Uckermärker verraten, an wen sie im Trauermonat November besonders denken. Nachträglich haben sie diesen Menschen hier ein Denkmal gesetzt.
Veröffentlicht:22.11.2020, 06:30

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Nur noch drei Tage bis Totensonntag. Viele Angehörige schmücken die Gräber ihrer Lieben bereits. Die Blumenläden haben Hochkonjunktur. Doch selbst, wenn die Verstorbenen „nur” auf der grünen Wiese oder im Wald begraben liegen, wo nichts abgelegt werden darf – sie werden meist bis heute schmerzlich vermisst. Carola Sohn (63) verrät dem Uckermark Kurier, dass es sehr viele liebe Menschen gebe, an die sie immer noch denkt;: „Beispielsweise meine Großeltern Ella und Paul, mein Papa Erhard und die Vertraute meiner Jugendzeit, meine Cousine Heike, die leider viel zu früh verstorben ist.” Die zweifache Mutter bedauert sehr, dass auch schon einige ihrer Freunde und Bekannten auf dem Friedhof liegen.

Für Sandra Westphal (42), Mutter einer erwachsenen Tochter, sind die letzten beiden Monate des Jahres jedes Mal mit schmerzhaften Erinnerungen verbunden. Sie musste vor vier Jahren im Winter ihren Papa Arnold beerdigen. „Er ist leider viel zu früh von uns gegangen am 29. November 2016”, bedauert die Prenzlauerin, die seinen Tod bis heute nicht verwunden hat: „Er war stets für alle und jeden da, nur an sich selber hat er nie gedacht.” Auch ihrer toten Schwiegermutter Waltraut möchte die Kreisstädterin einmal Danke sagen: „Für all das, was sie für uns getan hat. Sie ist am 14. Dezember 2017 gestorben, ist also auch schon seit drei Jahren nicht mehr bei uns.”

Vor 26 Jahren gestorben

Cindy Weber (42) erzählt dem Uckermark Kurier, dass ihr Vater bereits seit 26 Jahren nicht mehr an ihrer Seite ist. Doch es gibt bis heute Momente, in denen er der Prenzlauerin ganz furchtbar fehlt. Hans Warwas hat bei seiner Tochter einst die Angelleidenschaft geweckt, weil er sie immer mitnahm mit dem Kahn. Sie war seine Prinzessin, kein Wunder, dass kein Tag vergeht, ohne dass sie an ihn denkt. Mittlerweile ist er sogar als Tattoo auf ihrem Arm verewigt. Die Mutter von Vanessa (18) und Rio (7) möchte damit ihre unendliche Liebe zu ihm bekunden.

Beatrice Kasch (51) bedauert, dass es in ihrer Familie nur noch eingeebnete Gräber gibt. „Aber ich lege jedes Jahr Blumen auf diesen freien Stellen nieder – in Liebe und Dankbarkeit”, verriet die dreifache Mutter im Interview. Sie hat seit ihrem 14. Lebensjahr viele Menschen verloren, die ihr sehr wichtig waren. „Meine Oma, die mich von klein auf groß gezogen hatte, gehört dazu. Sie hat mich medizinisch versorgen lassen, weil ich als Kind chronisch krank war und meine Mama viel arbeiten musste. Dadurch hatte ich stets eine ganz besondere Nähe zu meiner Oma, eine super enge Bindung, bevor sie vor 36 Jahren an Krebs starb. Auch mein Stiefpapa ist jetzt leider schon seit 30 Jahren tot. Sein Grab wird bald eingeebnet.”

Jeder Seele nahe

Doch eigentlich bräuchte sie diese Plätze zum Abschiednehmen gar nicht, weil diese Menschen in ihrem Herzen sind. „Man besucht trotzdem jede einzelne Stelle. Denn zeitgleich fliegen die Jahrzehnte zurück, und man sieht jede einzelne Begegnung vor sich. Und die Erinnerungen an die Kindheit werden wach. Auf dem Friedhof bin ich persönlich jeder einzelnen Seele nahe.”

Cornelia Berndt denkt täglich an ihre Mutter, die sie früh verlor. „Meine Mama vermisse ich, seit ich 13 bin”, erzählt die Prenzlauerin. Sie trauert auch bis heute um ihren Mann, der mit 34 Jahren starb, und um ihre lieben vier Geschwister, die schon alle von dieser Welt gegangen sind: „Ruhet in Frieden, wir sehen uns wieder irgendwann... Die Zeit vergeht, doch die Erinnerung nie.”

Ohne den Papa.

Sandra Rochnowski gehört ebenfalls zu denen, die schon lange ohne den Vater auskommen müssen. Ihr Papa starb vor zwölf Jahren. „Es war viel zu früh, als er von uns ging. Er bleibt aber unvergessen”, versichert die junge Frau.

Die 54-jährige Kathrin Peters denkt noch jeden Tag an ihre verstorbene Großmutter. Die Prenzlauerin ist heute selbst schon eine Vierfach-Oma, weiß also, wie wichtig diese Rolle ist: „Man sagt zwar, Zeit heilt alle Wunden. Aber diese Zeit habe ich bis heute leider nicht gefunden.”