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Abschied

Lokführer Steffen (50) bleibt unvergessen

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Der im Herbst nahe Templin tödlich verunglückte Eisenbahner hat eine tiefe Lücke gerissen. Zwei Monate nach dessen Tod spricht nun sein bester Freund.
Veröffentlicht:22.12.2021, 08:35

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Als im Oktober 2021 nahe Templin ein Lokführer bei einem tödlichen Unfall ums Leben kam, stand danach nicht nur für dessen Frau Martina und die zwei Söhne Jonas und Janik die Welt still. Auch viele Kollegen und Freunde reagierten entsetzt auf die Nachricht vom Drama an den Gleisen, bei dem der 50-Jährige von einem Ast erschlagen worden war.

Zwei Monate später wurde jetzt im Beisein der Familie der wunderschön gestaltete Grabstein für den beliebten Eisenbahner gesetzt.

Eine große Aktie daran hatte einer der besten Freunde des Verstorbenen, Uwe Hildebrandt. Der 56-jährige Taxi- und Busfahrer war vor ein paar Jahren durch Zufall auf den im Herbst verunglückten Eisenbahner gestoßen, wie er sagt. „Ich chauffierte ihn als Fahrgast manchmal zur Lok oder spätabends von der Bahn wieder nach Hause“, erinnert sich der Templiner zurück. „Bei diesen Touren merkten wir schnell, dass wir aus ein und demselben Holz sind. Er war der hilfsbereiteste und netteste Mensch, den man sich vorstellen kann. Wir hatten uns einfach gefunden. Eine Freundschaft fürs Leben war geboren.“

Die Kürbis-Episode

Eine Begebenheit beschreibe das Wesen des Verunglückten ganz treffend, erklärt Uwe Hildebrandt und führt folgende Episode aus der jüngsten Vergangenheit an: „Wenige Tage vor seinem Tod hatte mir jemand zehn Kürbisse geschenkt. Die lagen hinten in meinem Taxi Nr. 6 drin. Kurz darauf sah ich durch Zufall Steffen über die Straße gehen. Ich hielt an und sagte ihm, dass er sich ein paar Exemplare aus dem Kofferraum nehmen kann. Steffen wählte genau vier Stück aus und verriet mir dann, dass er drei davon gleich weiterverschenken werde. Genau so war er. Immer bemüht, anderen eine Freude zu machen.“

Den Verlust dieses so besonderen Menschen habe er bis heute nicht verwunden, bilanziert sein Freund betroffen: „Schließlich hatte ich durch ihn wieder Hoffnung geschöpft, was das Miteinander in der Gesellschaft anbelangt.“

Uwe Hildebrandt resümiert bitter, dass sich die Menschen seit der Wende voneinander entfremdet hätten: „Den engen Zusammenhalt von früher gibt es leider nicht mehr. Jeder ist sich selbst der Nächste und trachtet nur noch nach seinem persönlichen Vorteil. Das war in der DDR ganz anders. Und diese Entwicklung finde ich schlimm. Denn statt Neid und Missgunst sollte doch lieber Mitmenschlichkeit die Gesellschaft prägen.“

Freundschaft erfahren

Nach dem Tod seines besten Freundes habe er allerdings erfahren, dass auch noch andere Menschen so ticken wie er. Sofort nach der schlimmen Nachricht war über die Uckermark hinaus eine große Spendenwelle in Gang gekommen. Uwe Hildebrandt beschreibt das Ganze als eine „Wolke Freundschaft“, auf der jetzt neue Leute Platz genommen hätten.

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Bei seinem Bemühen, die Hinterbliebenen zu unterstützen, habe er an viele Türen geklopft und nirgendwo ein Nein gehört, freut sich der Vater von zwei erwachsenen Töchtern, der nach mehreren Jahren am Niederrhein erst seit 2014 wieder in der Kurstadt Templin lebt: „Die Reaktionen waren wirklich herzergreifend.“

Einer der ersten Unterstützer bei der Realisierung des Grabsteines sei Eberhardt Schmidt mit seiner Familie gewesen, stellte Uwe Hildebrandt heraus: „Auch Lokführerin Nadine Köhn von der NEB setzte alle Hebel in Bewegung, um für die Angehörigen da zu sein.“ Die Firmen Zygander, Steinmetz und Baustoffe Templin sowie den Blumenladen Pilz möchte Uwe Hildebrandt ebenfalls stellvertretend für viele benennen. „Sie alle haben dazu beigetragen, dass ein wertvoller Mensch ein würdevolles Gedenken erfahren hat.“