StartseiteRegionalUckermark„Marktberg nicht der AfD überlassen”

Demo in Prenzlau

„Marktberg nicht der AfD überlassen”

Prenzlau / Lesedauer: 3 min

Am Sonnabend wurde in Prenzlau bei einer Demo auf fehlende Solidarität in der Coronakrise, wachsenden Rechtsextremismus und Judenhass aufmerksam gemacht.
Veröffentlicht:20.02.2021, 17:23

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Rund um den Marktberg zog die Prenzlauer Polizei am frühen Sonnabendnachmittag verstärkt Kräfte zusammen. Die Beamten sicherten eine im Vorfeld angemeldete Kundgebung ab, die unter dem Motto „Aus der Krise lernen – ohne Solidarität ist alles doof” stand und circa 50 Frauen und Männer in die City brachte. Mitinitiator Lothar Priewe vom „Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten” stand als Uckermark-Vertreter der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes” (VVN) auf der Bühne. Am Mikrofon mahnte er Mitmenschlichkeit in der derzeitigen Situation an. Vor allem aber ging er mit den Uckermark-Spitzen der AfD hart ins Gericht. Dass der Landkreis Corona-Hotspot geworden sei, habe man maßgeblich dieser Partei zu verdanken, betonte Lothar Priewe unter lautem Applaus der Anwesenden. Der Grund dafür sei deren ständige Hetze gegen die notwendigen Corona-Maßnahmen der Regierung, führte Priewe weiter aus.

Stimmung gegen Schwule

Auf das Konto der AfD gehe zudem die Tatsache, dass die Uckermark bei rechtsextremen Vorfällen hinter Cottbus jetzt auf Platz 2 im Land Brandenburg liege. Es werde auch gegen Schwule und Fachärzte Stimmung gemacht, bilanzierte der VVN-Vertreter des Weiteren. In Berlin seien Freunde von ihm nach einer Anti-Corona-Demo wie Hunde durch die Stadt gehetzt worden.

Der Landkreis sei ein Abbild dieser Entwicklungen. Priewe rief auch das tragische Geschehen von Potzlow in Erinnerung, wo vor 19 Jahren der erst 16-jährige Marinus von Einheimischen aus rechtsextremen Motiven heraus ermordert wurde: „Die Täter zwangen ihn zu sagen, dass er Jude ist.” Und eben dieser Judenhass mache sich auch in der Coronakrise wieder breit, ebenso wie der Massenmord des Nazi-Regimes verniedlicht werde. Ans Rednerpult trat ebenfalls Isabelle Czok-Alm.

Anschlag in Hanau

Die 47-Jährige erklärte, dass sie sich nicht erst seit dem Anschlag von Hanau, das sich in der Nacht zum 20. Februar jährte, die Frage stelle: „Wo wart ihr?” Die Co-Kreisvorsitzende von DIE LINKE aus dem Barnim schilderte Erlebnisse aus ihrem Erzieher-Alltag, wo schon kleine Kinder merkelfeindliche Sprüche äußerten und alle nur betreten zu Boden schauten. „Wo sind die Menschen, die sich trauen, dem etwas entgegen zu setzen?” Sie wünsche sich, dass mehr Leute den Mut finden, Stopp zu sagen und den Kindern zu erklären, wie die Dinge wirklich sind und dass nicht Frau Merkel schuld am Coronavirus ist. Isabelle Czok-Alm betonte außerdem, wie froh sie sei, dass man an diesem Sonnabend nicht der AfD den Marktberg überlassen habe, sondern selbst aktiv geworden sei.

Pandemie ist Brennglas

„Tausend Dank für diese wundervolle Idee.” Gleich zu Beginn lud sie die Teilnehmer ein, in einer Schweigeminute der zehn Opfer von Hanau zu gedenken. Es wurden die Namen aller Opfer verlesen und Kerzen für die Toten entzündet. Bezug nehmend auf die Coronakrise stellte sie klar, dass niemand von den Menschen Kritiklosigkeit erwarte. „Mir selbst ist bei meiner Tätigkeit an einer Schule aufgefallen, wie zermürbend das ständige Hin und Her bei den Regelungen ist. Niemand weiß richtig, wie es weitergeht. Das verunsichert Lehrer und Kinder gleichmaßen.” Schlimm finde sie auch, dass die Krise zunehmend auf dem Rücken der Schwachen ausgetragen werde, beispielsweise den Menschen mit Behinderung und psychischen Erkrankungen, weil deren Betreuungs- und Beratungsangebote weggebrochen seien. „Die Pandemie ist wie ein Brennglas, das alle Probleme verstärkt, die vorher schon da waren. Aber jetzt fehlt der nötige Zusammenhalt.”