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Angst vor Ansteckung

Protokoll einer Corona-Quarantäne

Brandenburg / Lesedauer: 3 min

Wie schwer es sein kann, sich testen zu lassen und wie unklar die Zuständigkeiten immer noch sind, zeigt dieses Beispiel aus dem Land Brandenburg. In der Uckermark läuft das besser, versichert der Landkreis.
Veröffentlicht:09.03.2020, 12:45

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Eine Familie aus dem Boitzenburger Land wartete dieser Tage vergeblich auf den zugesagten Besuch der Verwandtschaft. Sohn, Schwiegertochter und Enkel aus Brandenburg hatten eigentlich anlässlich eines runden Geburtstages in die Uckermark kommen wollen. Doch dann sagten die drei das Treffen ab. Grund dafür war ein folgenreicher Besuch in Deutschlands größtem Badeparadies, dem „Tropical Island”. Die drei Brandenburger hatten dort am 22. Februar den siebenten Geburtstag ihres Stammhalters gefeiert.

Was Manuela P. (Name geändert) und ihre Lieben da noch nicht ahnten, war, dass dort zur selben Zeit auch eine später als Coronapatient identifizierte Person Erholung suchte. Fünf Tage nach ihrer Rückkehr erfuhren sie davon aus den Medien. Bei der Lehrerin und ihrem Mann, einem Behördenleiter, hatten sich da bereits die typischen Symptome eingestellt: Husten, Schnupfen, Atembeschwerden, Fieber; nur der Knirps war wohlauf, was auch typisch für den gefürchteten Coronavirus schien. Das Paar handelte prompt und meldete sich telefonisch in der Notaufnahme seiner Heimatstadt. Was danach geschah, hat die 34-jährige Pädagogin in einem Protokoll festgehalten, welches ihrer Meinung nach gut belegt, dass Brandenburg in dieser Angelegenheit versagt.

Protokoll der Familie

20 Uhr – Anruf Notaufnahme: Hamm'Se Symptome? Ja, leichte Erkältung. Gut, ich verbinde Sie weiter.

Erster Arzt: „Tropical Island”? Nichts von gehört. Ich gebe Ihnen eine Nummer aus Berlin.

Arzt Nr. 2 in Berlin weiß nichts vom „Tropical Island”, verweist unfreundlich an den Hausarzt, wenn es nicht besser wird – hält uns vermutlich für Panikmacher.

Tags darauf beim Hausarzt: Deutlich vor der Praxisöffnung da, in der Hoffnung, draußen jemanden abfangen zu können. Hat geklappt. Ärztin läuft uns in die Arme und bedankt sich für die Umsicht. Wenn wir reingekommen wären, dann wäre ihr unter Umständen die Praxis geschlossen worden. Hausärztin telefoniert herum. Gesundheitsamt verordnet uns Zwangspause zu Hause. Wenn es schlimmer wird, sollen wir uns melden. Was ist schlimmer? Hat uns keiner gesagt. Zurück nach Hause mit Krankschreibung für alle drei.

Niemand zuständig

Wir würden gern freiwillig einen Test machen, gibt es aber in Brandenburg nicht. Charité in Berlin angerufen und unsere Situation erklärt, gefragt, ob wir da einen Test machen können. Erst heißt es: Ja, unbedingt. Als wir sagen, dass wir aus Brandenburg kommen, heißt es: sorry, nicht unser Zuständigkeitsbereich.

Erneut Kontaktaufnahme beim zuständigen Gesundheitsamt, wieder keine konkrete Hilfe, aber Verpflichtung zum Stillschweigen über die Angelegenheit. Anweisungen, wie in der „Fast-Quarantäne” zu verfahren ist, gibt es aber nicht.

Fazit: Ein absolutes Armutszeugnis; schlimm, wohin Länderhoheit führt.

Negativ getestet

13 Tage nach dem Besuch im „Tropical Island” können Manuela und Jens P. endlich den Test machen – bei ihrer Hausärztin, die sie vermummt in einem Isolierraum empfängt. Wenige Stunden später informiert sie die Medizinerin, dass es falscher Alarm war. Das Paar hat sich eine normale Erkältung eingefangen. Die beiden sind sauer, weil sie dieses Ergebnis schon eine Woche eher hätten haben können. „Nur dann wäre doch im Fall einer Corona-Infektion noch unsere Kontaktkette nachvollziehbar gewesen”, argumentieren die beiden. Vor allem bei der Lehrerin, die mit über 300 Kindern und vielen Kollegen zu tun hatte, wäre ein positiver Test zu einem so späten Zeitpunkt fatal gewesen.