Drohende Abschiebung
Eine ukrainische Familie und ihr täglicher Kampf ums Glück
Ueckermünde / Lesedauer: 3 min
Sie ist so stolz auf ihre Darja. Mama Ganna Kuzneytsova zeigt das Zeugnis ihrer elfjährigen Tochter. Mit guten und sehr guten Noten hat das Mädchen die vierte Klasse beendet, jetzt lernt sie in der fünften Klasse. Ein Foto zeigt sie vor der Haffgrundschule, Brüderchen Daniel hält das Zeugnis in die Kamera. Das Foto hat Papa Mykola Balynets gemacht.
Solche Momente sind Glücksmomente für die junge Familie. Auch, dass die große Tochter Anastasiya, die am Greifen-Gymnasium 2018 ihr Abitur machte, heute an der Universität Greifswald auf Lehramt studiert, lässt Mama Ganna strahlen. Für einen Augenblick weicht der Druck, den die 40-jährige Mutter ansonsten Tag und Nacht spürt.
Behörde erlaubt 100 Stunden Arbeit
Seit 2015 lebt die ukrainische Familie in Ueckermünde. Sie flüchtete vor dem Krieg, ihr Haus in Donezk wurde vollkommen zerstört. In der Westukraine, wo sie zuerst Zuflucht suchten, wurden sie als „Separatisten“ und „Feinde“ nicht gelitten, Darja durfte dort nicht zur Schule. Sie waren heilfroh und überglücklich, dass sie in Ueckermünde einen ruhigen Platz zum Leben gefunden haben, sagt Ganna Kuzneytsova. Familienvater Mykola Balynets arbeitet im Tierpark, Ganna Kuzneytsova im Ameos-Pflegehaus. Die Behörde genehmigt ihnen 100 Stunden Arbeit im Monat. Damit verdienen sie ihren Lebensunterhalt.
Bei ihren Nachbarn, Freunden und Arbeitskollegen ist die Familie willkommen, anerkannt und geachtet. „Fleißig, freundlich, zupackend – besser kann Integration gar nicht funktionieren“, sagt Monika Goldbeck, eine Freundin der Familie. Sie weist auf den Spielplatz und die Grünanlage hinterm Haus. „Da lag vorher nur Müll, Mykola und Ganna haben das alles aufgeräumt und instand gesetzt“, sagt sie. Eine Familie wie diese sollte unbedingt in Deutschland eine Heimat haben, sagt sie. Viele andere meinen das auch und haben sogar dafür unterschrieben.
Klage gegen Abschiebung abgewiesen
Auch Bürgermeister Jürgen Kliewe geht das Schicksal dieser Familie nahe. „Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum ausgerechnet so eine Familie abgeschoben werden soll.“ Bei den Behörden sind die Ukrainer nur geduldet. Ihre Klage gegen die Abschiebung wurde im Mai 2018 abgelehnt. Ganna Kuzneytsova ist verzweifelt, so langsam sind auch ihre Kräfte aufgebraucht. „Wir schlafen alle schlecht, bei jedem Geräusch vor dem Haus oder im Treppenflur schrecken wir aus dem Schlaf hoch, weil wir fürchten, dass wir wegmüssen von hier.“
Noch haben Ganna und Mykola die Hoffnung aber nicht aufgegeben. Sie kämpfen jeden Tag und danken allen, die sie dabei unterstützen, sie bestärken und immer wieder auch für Glücksmomente sorgen.