StartseiteRegionalUeckermündeSehr seltener Vogel brütet auf Insel im Stettiner Haff

Zitronenstelze auf dem Riether Werder

Sehr seltener Vogel brütet auf Insel im Stettiner Haff

Rieth / Lesedauer: 3 min

185 Vogelarten wurden bisher auf dem Riether Werder nachgewiesen. Nun machte Vogelwart Frank Joisten auf der Vogelschutzinsel eine Entdeckung, die deutschlandweit einmalig ist.
Veröffentlicht:08.06.2020, 14:52

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Es wäre eine Sensation! Kein Wunder, dass die Mitglieder des Fördervereins für Naturschutzarbeit Uecker-Randow-Region alle sehr aufgeregt sind und den kommenden Tagen entgegen fiebern. Denn vielleicht gelingt ihnen das, was so noch niemand in Deutschland geschafft hat: Sie wollen mit Fotos die Brut eines in Deutschland sehr, sehr seltenen Gastvogels nachweisen.

Als Vogelwart Frank Joisten, der im Auftrag des Vereins seit 2002 als Gebietsbetreuer und Jagdpächter für den Riether Werder arbeitet, ein Foto mit dem Vermerk, er habe soeben die 186. Vogelart auf der kleinen Haffinsel nachgewiesen, in die Vereins-Whats-App-Gruppe schickte, glaubte ihm zunächst niemand. Die meisten dachten, es handele sich um einen Scherz.

Keine Schafstelze, sondern eine Zitronenstelze!

„Den kleinen gelben Vogel kennen wir doch schon“, dachte sich Vereinsmitglied Raul Schade, als er das Foto auf seinem Smartphone betrachtete. Im Glauben, dies sei eine nordische Schafstelze, schaute er jedoch noch einmal genauer hin und konnte kaum fassen, was er da sah.

Frank Joisten hatte tatsächlich eine kleine Sensation mit seiner Kamera eingefangen. „Ich habe auch erst beim Betrachten der Aufnahme auf dem Kamera-Display gesehen, was ich da eigentlich fotografiert habe”, sagt Joisten. Tage zuvor hatte er nämlich bereits zahlreiche Aufnahmen der nordischen Schafstelzen gemacht, die nur kurz Rast auf dem Riether Werder machen. Auf den ersten Blick ähnelte sein soeben fotografierter gelber Vogel einer solchen Art.

Doch dann stockte Joisten der Atem. Der Vogelkenner hatte eine leise Ahnung und ging sofort in Deckung. Er ließ sich den Deich hinunter rollen und legte sich auf die Lauer. Und tatsächlich: Das gelbe Vögelchen ließ sich erneut blicken, und dem Ornithologen gelangen gleich mehrere Aufnahmen. Und die ließen keinen Zweifel mehr aufkommen: Eine Zitronenstelze, die hier eigentlich gar nicht vorkommt, hatte den Weg auf das kleine Eiland in Vorpommern gefunden!

Bisher nur ein Brutnachweis in Deutschland

Das Verbreitungsgebiet der Zitronenstelzen reicht von Osteuropa, Nordwest- und Mittelsibirien südwärts durch Zentralasien bis zum Himalaya. Beobachtungen und einzelne Brutversuche lassen vermuten, dass die Zitronenstelze, die ihren Namen ihrem zitronengelben Kopf zu verdanken hat, sich in den nächsten Jahren aus Sibirien vielleicht Richtung Westen ausbreiten könnte. Die westlichsten regelmäßigen Beobachtungen gibt es bisher in Nordostpolen. In Deutschland gelang bisher lediglich ein Brutnachweis im Jahr 2013. Fotos gibt es davon jedoch nicht.

Den Nachweis könnten die Vorpommern jetzt liefern, wenn alles klappt und auch das Glück auf ihrer Seite ist.„Wir haben jedenfalls alles dafür getan“, sagt Joisten und zeigt auf das eingezäunte Areal auf dem Riether Werder. Damit die Kühe nicht auf das Nest treten, haben die Naturschützer das Gebiet großflächig gesichert.„Wir haben das Nest absichtlich noch nicht gesucht“, sagt der Vogelwart, der erklärt, dass sonst möglicherweise Krähen darauf aufmerksam geworden wären. Aber das Zitronenstelzenpärchen fliegt ständig dieselbe Stelle an.Der Traum der Mitglieder des Fördervereins ist ein Foto von den in Vorpommern flügge gewordenen Zitronenstelzen. Auch dafür stehen die Chancen ziemlich gut.