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Landesschau

So viel Flausch! Wer Kaninchen mag, sollte das nicht verpassen

Eggesin / Lesedauer: 5 min

Das ganze Land soll mitfeiern, wenn Eggesins Kaninchenfreunde ihren großen Tag begehen. Bei der Landesrammlerschau gibt es einiges zu erleben.
Veröffentlicht:07.01.2023, 05:39

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„Es hat immer unheimlichen Spaß gemacht“, schwärmt Wolfgang Hähnel. Während der Rentner vorsichtig in der Chronik seines Rassenkaninchenzuchtvereins blättert, liegt ein zufriedenes Lächeln in seinem Gesicht. In dem alten roten Aktenordner hütet der 88-Jährige vergilbte Zeitungsartikel, historische Dokumente und Notizen der nunmehr 100-jährigen Vereinsgeschichte der Eggesiner Rassekaninchenzüchter sowie seitenweise Schwarz-Weiß-Aufnahmen, zu denen neben Bildern von Zuchttieren natürlich auch zahlreiche Fotos von Vereinsfeierlichkeiten gehören, an die sich der Eggesiner gern erinnert.

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Kaninchen-Party im Wohnzimmer

Anlässlich des 100. Geburtstages des Rassekaninchenzuchtvereins in diesem Jahr möchte der ehemalige Vorsitzende aus dem aktiven Vereinsleben erzählen, von Schwierigkeiten und Problemen berichten und dabei die zahlreichen geselligen Vereinsabende und Vergnügen nicht verschweigen.

Aus der Chronik ergibt sich, dass die Sparte X136 (wobei das X für die Landesnummer des damaligen Pommern stand) im Jahr 1923 gegründet wurde. Auch wenn es zu dieser Zeit noch keine eigenen Ausstellungen gab, wurden die Tiere schon damals nach einem gültigen Standard und nach Bewertungsrichtlinien gezüchtet. In der Chronik heißt es hierzu, dass in der Mehrzahl Tierbesprechungen und Tischbewertungen durchgeführt wurden und die Versammlungen gemütliche Treffen für alle Mitglieder und deren Ehefrauen waren. Hierfür stellte der Vorsitzende in den 20-er Jahren sein Wohnzimmer zur Verfügung.

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Wichtige Einnahmequelle war der Kuchenverkauf

Als jedoch zu Beginn des Zweiten Weltkrieges alle Vereinsmitglieder zum Militär eingezogen wurden, erlosch zunächst die Vereinsarbeit und mit ihr die Rassenkaninchenzucht in Eggesin. Nach dem Krieg wurde unter erschwerten Bedingen wieder damit begonnen, Rassenkaninchen zu züchten. Doch erst als Anfang der 60-er Jahre viele neue Mitglieder der Sparte beitraten, begann für die Eggesiner Züchter eine neue Etappe.

„Unsere Versammlungen haben wir zunächst in der HO-Gaststätte „Zur Linde“ und später im Haus der NVA durchgeführt“, erinnert sich Wolfgang Hähnel, den es der Armee wegen aus dem Sächsischen ins vorpommersche Eggesin zog. Er berichtet, dass von da an auch eigene Schauen und natürlich auch die so genannten „Vergnügen“ der Züchter und deren Ehefrauen geplant und durchgeführt wurden.

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„Wir hatten damals noch kein Vereinsheim und auch keine eigenen Käfige für die Ausstellungen“, erzählt er und berichtet, dass die Käfige von den Torgelower und Ueckermünder Vereinsfreunden ausgeliehen wurden und Ausstellungen, aufgrund der fehlenden Bleibe, an verschiedenen Orten immer unter freiem Himmel stattfanden.

Sozialismus galt auch für Langohren

Laut Eintrag in der Chronik wurden ab 1971 die Ausstellungen nur noch auf dem Festplatz am „Hotel Mecklenburg“ durchgeführt und dies immer zu den jährlichen Festtagen an der Randow. „Das war für uns immer eine wichtige Einnahmequelle“, betont Wolfgang Hähnel. Zu den Schauen wurde nämlich stets selbst gebackener Kuchen verkauft, der die Vereinskasse klingeln ließ. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Für viele Kaninchenfreunde steht ein Besuch der Rassekaninchenausstellung im heutigen Vereinsheim mit Tombola und Kuchen immer noch auf dem Familien-Pflichtprogramm im Rahmen der Eggesiner Randowfesttage.

Natürlich hatten auch die Kaninchenzüchter, die zum Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter gehörten, ein sozialistisches Wettbewerbsprogramm zu erfüllen. Auch sie sollten dazu beitragen, dass das Kaninchenfleischaufkommen der Republik ausschließlich durch Kleinhalter erbracht wurde. Zudem bemühten sie sich, der Industrie wertvolle Felle in guter Qualität zuzuführen.

Ein großer Wunsch der Züchter blieb bislang jedoch unerfüllt, denn die Suche nach einem eigenen Dach über dem Kopf gestaltete sich schwierig. „Unser damaliger Bürgermeister wusste, dass wir eine Bleibe suchen und bot uns die alte Baracke in der Karl-Marx-Straße an“, erinnert sich Wolfgang Hähnel. „Das war die reinste Ruine und sollte eigentlich abgerissen werden.“ Zuvor seien die Kegelfreunde am Werk gewesen, was gründlich daneben gegangen sein soll. Wolfgang Hähnel berichtet, dass die Kegler zwei Bahnen schon ausgehoben sowie Innenwände und Türen entfernt hatten.

„Ein hartes Stück Arbeit stand vor uns“, sagt Hähnel und erinnert sich dabei auch an die damalige Materialknappheit. Als sie dann endlich ihr Vereinsheim beziehen konnten, war die Jagd nach den Baustoffen jedoch längst noch nicht vorbei, denn jeder Zuchtfreund erhielt die Aufgabe, einen Käfig für den Verein mit sechs Buchten zu bauen.

„Niemand hatte Holz, nirgends gab es Bretter für die Böden der Käfige“, erzählt der 88-Jährige, der zusammen mit weiteren Vereinskollegen auf dem Hof der Holzindustrie nach brauchbaren Reststücken suchen durfte. Beim Verlassen des Hofes seien sie natürlich kontrolliert worden, ob sie auch wirklich nur Reste auf ihre Anhänger geladen hatten. „Endlich hatten wir eigene Käfige“, sagt der Züchter. Er erzählt, dass zu den Ausstellungen dann jeder Züchter zehn Buchten auf eigene Kosten einzustreuen hatte.

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An diesem Wochenende wird Geburtstag gefeiert

Auch heute noch sind die Freunde stolz auf ihr Vereinsheim. Das Gelände ist gepflegt, die ehemalige Baracken-Ruine wird von den Mitgliedern mit viel Kraft, Schweiß und jeder Menge Herzblut in Schuss gehalten. Nur deshalb können die Eggesiner mehrmals im Jahr befreundete Zuchtvereine aus dem ganzen Land zu Schauen einladen.

So wie auch an diesem Wochenende. Anlässlich des 100. Geburtstages des RKZV M 136 Eggesin e.V. werden sich am 7. und 8. Januar die Türen des Vereinsheimes zur Landesrammlerschau Mecklenburg-Vorpommern, zu der sich 73 Aussteller aus 21 Vereinen angemeldet haben, öffnen. Natürlich haben die Zuchtfreunde längst alles vorbereitet. „Wir erwarten 248 Tiere in 62 verschiedenen Rassen und Farbschlägen“, sagt Jens Hoffmann, der sich genau wie der aktuelle Vereinsvorsitzende Heiko Winter schon seit seiner Jugend im Verein engagiert und sich am Wochenende auf zahlreiche große und kleine Besucher freut. Der Eintritt ist wie immer frei und natürlich warten auch eine Tombola, der Verkauf von Zuchttieren, selbst gebackener Kuchen, Kaffee und Bockwurst auf die Besucher.