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Ahlbeckes Quartett

Drei Schwestern im Quartett

Ahlbeck / Lesedauer: 3 min

Drei hoch musikalische Schwestern, Baiba, Linda und Lauma Skride, doch für die große Kammermusikliteratur reicht es nicht - was ihr Instrumentarium angeht. Es fehlt das Bassinstrument.
Veröffentlicht:30.09.2010, 12:07
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Drei hoch musikalische Schwestern, Baiba, Linda und Lauma Skride, doch für die große Kammermusikliteratur reicht es nicht - was ihr Instrumentarium angeht. Es fehlt das Bassinstrument. Baiba ist die mittlere der drei Schwestern und hat nach ihrem Violinstudium an der Rostocker Musikhochschule bei Petru Munteanu ein steile Solistenkarriere begonnen. In diesem Herbst ist sie "Artist in Residence" beim Usedomer Musikfestival.

Lauma ist die jüngste, sie studierte Klavier, war zuletzt Schülerin von Volker Banfield in Hamburg und im vergangenen Jahr mit Klavierwerken von Fanny Hensel auf Usedom zu hören.

Die älteste der drei ist Linda, auch sie besuchte die Musikhochschule in Rostock und studierte dort Bratsche. Seit frühester Kindheit musizieren die in Lettland geborenen Schwestern miteinander. Am Dienstagabend waren sie in der Evangelischen Kirche von Ahlbeck zu Gast beim Usedomer Musikfestival, das in dieser Saison unter dem Motto "Lettland - durch Musik zur Welt gebracht" die breite Musikkultur ihres Heimatlandes auf der Insel vorstellt. Für die Aufführung zweier Klavierquartette von Schumann und Brahms nahmen sie den jungen Cellisten Julian Steckel in ihre Dreierrunde auf, der in diesem Jahr beim Internationalen ARD-Wettbewerb in München den 1. Preis zugesprochen bekam.

Die Skride-Schwestern begannen den Abend mit dem Es-Dur-Quartett von Robert Schumann. Langsam, sehr leise entließen sie zögernd die ersten Klänge in den Raum, als wollten sie nach den aufgeregten Publikumsgesprächen vorweg zunächst die Stille des Kirchenraumes wieder herstellen, in die die Ohren der Zuhörer dann hineinlauschen können. Und mit schwungvollem Impuls löste sich die Stille auf in das energische Spiel des Allegro-Satzes. Da entfaltete sich ein Klang, der aufs Genaueste die Bedeutung der Stimmen gegeneinander abwog. Baiba auf ihrer Stradivari "Wilhelmj" von 1725, Leihgabe der Nippon Music Foundation, mit hellem, energiegeladenem Ton meist führend oder im Duett mit dem Cello, das sich in hoher Lage intensiv singend hinzugesellte.

Dann wieder trat der Cellist aufmerksam begleitend in die Basslage zurück und ließ Raum für den enorm vollen, volumenreichen Ton von Lindas Viola. Und hinter den Streichern am Flügel umhüllte Lauma den Streicherklang mit ungemein virtuosem Spiel, unterlegte ihn lebhaft begleitend, nutzte aber auch jede geeignete musikalische Geste, den Streichinstrumenten solistisch zu antworten oder sie zu neuem Anlauf herauszufordern. Faszinierend, wie sie den Akkordrepetitionen jede Härte zu nehmen vermag, mit welcher anmutigen Rundung sie Skalen und Arpeggien versieht, wie sie jedes Detail zur Klarheit bringt, ohne je aufdringlich zu wirken. Da bekam nach einem geisterhaft jagenden Scherzo und einem Andantesatz mit metrisch unruhigen Verschiebungen die Polyphonie des Finale ein herrlich wechselhaftes Leben. Nur der Schlussakkord verlor die Brillanz, als unter der Wucht des Abstrichs die hohe Violinsaite riss.

Danach erklang, mit neu aufgezogener Saite, das 3. Klavierquartett von Brahms in der Paralleltonart c-Moll zu Schumanns Es-Dur. Nun war der Klang dunkel timbriert, auch fülliger im Volumen. Nur wenige Dur-Passagen hoben sich davon mit betont lichtem Klang ab. Das Scherzo hier wuchtig in Klang und Tempo, das Andante voller Sehnsucht, wie geträumt.

Das Publikum in der ausverkauften Kirche jubelte, trampelte und applaudierte in einem Sturm voller berechtigter Begeisterung über diesen großartigen Quartettabend.