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Hansestadt

Stralsund: Toller Ausblick vom einst womöglich höchsten Turm der Welt

Stralsund / Lesedauer: 6 min

Der Turm der St. Marienkirche soll es im späten Mittelalter auf stolze 150 Meter gebracht haben und bietet noch heute gute Aussicht auf Stralsund, das Tor zur Insel Rügen.
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Die altehrwürdige Hansestadt Stralsund explodiert geradezu vor Sehenswürdigkeiten. Wie kann man da das Kennenlernen am besten in die Hand nehmen? Ganz einfach: auf den höchsten Turm steigen und sich erst einmal von oben eine Übersicht verschaffen. Der höchste Turm ist der von der St. Marien-Kirche am Neuen Markt. 366 Stufen führen auf eine Höhe von 90 Metern.

Die 366 Stufen auf das Aussichtsplateau des Marienkirchturms (226 aus Stein, 140 aus Holz) lassen sich bequem erklimmen.
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Die 366 Stufen auf das Aussichtsplateau des Marienkirchturms (226 aus Stein, 140 aus Holz) lassen sich bequem erklimmen. (Foto: Hartmut Nieswandt)

Keine Angst, die Stufen schafft man, sie sind recht komfortabel ausgebaut und man kann sich ja auch Zeit lassen beim Aufstieg. Übrigens: der Turm, heute 104 Meter hoch, soll von 1549 bis 1647 mit 151 Metern das höchste Bauwerk der Welt gewesen sein. 1549 wurde die 151 Meter hohe gotische Turmspitze fertiggestellt, 1647 aber durch einen gewaltigen Blitzschlag zerstört. Die Überlieferungen sind hier leider ungesichert.

Drei Kirchen in Stralsund: die mächtige, die prächtige und die schmächtige

St. Marien ist eine dreischiffige Kirche mit Querhaus, Chorumgang und Kapellenkranz. Die Basilika am Neuen Markt wurde im Jahr 1298 zum ersten Mal erwähnt. Sie ist die größte Pfarrkirche der Hansestadt Stralsund. Im Volksmund hieß es: „Stralsund hat drei Kirchen – die mächtige, die prächtige und die schmächtige.“ St. Marien war und ist die mächtige. Dieses Gotteshaus gilt als ein Meisterwerk der Spätgotik in Mitteleuropa.

Stralsund im Jahr 1895: Die wuchtige Marienkirche dominiert das Stadtbild auch heute noch.
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Stralsund im Jahr 1895: Die wuchtige Marienkirche dominiert das Stadtbild auch heute noch. (Foto: Library of Congress)

Von 1475 bis 1478 wurde am Turm gebaut und 1485 mit Kupfer bedacht. Die sehr hohe gotische Spitze stürzte 1495 während eines starken Sturms herunter, wurde aber wieder auf den Turm gesetzt und verlieh der Kirche dann angeblich die Höhe von 151 Metern. Sie galt damit ab 1549 als das höchste Gebäude der Welt. Die Anbauten im Norden und Süden an diesem Westturm wirken wie ein Querschiff und verleihen der Kirche eine wuchtige und wehrhafte Wirkung.

Umfangreiche Sanierungsarbeiten ab dem Jahr 2000

Das Bauwerk wurde überwiegend aus rotem Backstein errichtet. Die westlichen Strebetürme sind bis in eine Höhe von 36 Metern mit Kalkstein verblendet. Im Sockelbereich wurde Granit verwendet. Die 100 Meter lange und im Mittelschiff 32,9 Meter hohe Kirche vermittelt im Innern einen gewaltigen Raumeindruck, der Innenraum ist bis zu 96 Meter lang und 41 Meter breit.

Diesen Anblick sollte man unbedingt genießen, bevor man den Turm erklimmt. Von der ursprünglichen reichen Innenausstattung ist heute nur noch wenig zu sehen, beim Bildersturm während der Reformation und einem großen Stadtbrand im Jahre 1647 wurde nahezu alles Inventar vernichtet.

Seit 1990 wurde viel in die Sanierung des Innenraums der Marienkirche in Stralsund investiert.
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Seit 1990 wurde viel in die Sanierung des Innenraums der Marienkirche in Stralsund investiert. (Foto: Hartmut Nieswandt)

Von 1807 bis 1810 diente das Gotteshaus den französischen Besatzungstruppen als Kaserne und Heumagazin. Beim Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 wurde auch die Marienkirche beschädigt. Ab 1947 wurden Pfostenwerk und Verglasung der Fenster erneuert und Teile des südlichen Seitenschiffdachs mit Schieferabdeckungen versehen.

In den Jahren nach 2000 fanden in der Kirche umfangreiche Sanierungsarbeiten statt, bei denen unter anderem die außergewöhnlich großen Kirchenfenster erneuert und die berühmte Stellwagen-Orgel restauriert wurden.

Prächtige Nikolaikirche sollte den Wohlstand zur Hansezeit zeigen

Neben der mächtigen Marienkirche muss ich sich auch die prächtige Nikolaikirche am Alten Markt nicht verstecken. Kann sie auch nicht, denn sie war zuerst da: Mit der Verleihung des Stadtrechtes war 1234 mit dem Bau einer Hallenkirche begonnen worden, womit sie die älteste Kirche Stralsunds ist. Nach 1270 erfolgt der Um- und Weiterbau nach dem Vorbild nordfranzösischer Kathedralen, ähnlich wie auch in Lübeck mit dem Dom und der dortigen Marienkirche verfahren wurde.

Die Bauform St. Nikolais – eine dreischiffige Basilika mit Umgangschor und Doppelturmanlage – habe seinerzeit den Machtanspruch und Reichtum Stralsunds unterstrichen, heißt es zur Baugeschichte auf der Website der Kirche. Stralsund war eine der führenden Hansestädte des Mittelalters. Dazu passend ist die Kirche dem Schutzpatron der Seefahrer, dem Heiligen Nikolaus, geweiht.

Auffällig sind die zwei unterschiedlichen Türme von St. Nikolai. Nach einem Brand im Jahr 1662 wurde der südliche Turm mit einer Barockhaube versehen, der nördliche trägt nur ein Notdach.

Die St. Nikolaikirche fällt auf mit ihren unterschiedlichen Türmen.
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Die St. Nikolaikirche fällt auf mit ihren unterschiedlichen Türmen. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Schmächtige Jakobikirche in der DDR als Baustofflager genutzt

Die dritte der mittelalterlichen Pfarrkirchen in Stralsund ist die Jakobikirche, es ist die jüngste und kleinste, daher auch „die Schmächtige“ genannt, in der Reihe nach der mächtigen Marie und der prächtigen Nikolai.

St. Jakobi wird heute als Kulturkirche genutzt. „Sie soll der Begegnung der Kulturen, besonders in der Region Pommern und im Ostseeraum, dienen und Funktionen als Veranstaltungsort für die Hansestadt Stralsund erfüllen“, schreibt dazu die Stiftung Kulturkirche St. Jakobi auf ihrer Website. Die 2002 gegründete Stiftung hat sich zum Erhalt der Kirche verpflichtet und bietet den Sakralbau für Kinovorführungen, Konzerte, Empfänge, Hochzeiten, Theateraufführungen oder Ausstellungen an.

Vorher war die Stadt Stralsund mit ihrer St. Jakobi eher sträflich umgegangen: mehr als 40 Jahre diente sie unter anderem als Baustofflager.

Blick in das Kirchenschiff der Kulturkirche St. Jakobi. Die Kulturkirche bietet seit 2017 als größten Veranstaltungsraum in Stralsund einen repräsentativen Ort für Kongresse, Tagungen oder Konzerte.
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Blick in das Kirchenschiff der Kulturkirche St. Jakobi. Die Kulturkirche bietet seit 2017 als größten Veranstaltungsraum in Stralsund einen repräsentativen Ort für Kongresse, Tagungen oder Konzerte. (Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/ZB)

Die Altstadt von Stralsund gehört zum Weltkulturerbe

Wie schon erwähnt: Die Innenstadt Stralsunds ist durch einen geradezu verschwenderischen Reichtum an historischen Bauten gekennzeichnet. Seit 1990 wurden große Teile der historischen Altstadt saniert. Wegen fehlender Investitionen in der DDR waren viele Häuser vom Verfall bedroht. Die Altstadt bietet eine reiche historische Gebäudevielfalt – mit vielen ehemaligen Kaufmannshäusern, Kirchen, Gassen und Plätzen. Von mehr als 800 denkmalgeschützten Häusern in Stralsund stehen mehr als 500 als Einzeldenkmal in der Altstadt.

Auch der Besuch des Stralsunder Ozeaneums mit seinen Aquarien-Rundgängen ist ein Erlebnis für Groß und Klein.
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Auch der Besuch des Stralsunder Ozeaneums mit seinen Aquarien-Rundgängen ist ein Erlebnis für Groß und Klein. (Foto: Ines Patro)

In den zwanzig Jahren von der Wende 1990 bis November 2010 wurden 588 der mehr als 1000 Altstadtgebäude vollständig saniert, darunter waren 363 Einzeldenkmale. Geschichte und Architektur der Hansestadt sind so bedeutsam, dass Stralsunder Altstadt im Jahr 2002 gemeinsam mit der Altstadt Wismars in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde.

Von den Stralsunder Stadtbefestigungen sind das Kniepertor und das Kütertor erhalten. Das Ensemble des Alten Marktes bietet mit der Nikolaikirche, dem Stralsunder Rathaus als einem der bedeutendsten Profanbauten der norddeutschen Backsteingotik, dem Artushof, dem Wulflamhaus, dem Commandantenhus, dem Gewerkschaftshaus und einem neueren Plattenbau einen Überblick über die architektonische Geschichte der Stadt. Das ehemalige Schwedische Regierungspalais beherbergt heute das Bauamt der Stadt.

Im Stil der norddeutschen Backsteingotik errichtet wurde das Stralsunder Rathaus, das sich inmitten der Altstadt befindet
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Im Stil der norddeutschen Backsteingotik errichtet wurde das Stralsunder Rathaus, das sich inmitten der Altstadt befindet (Foto: majonit - stock.adobe.com)

Das Museumshaus in der Mönchstraße wurde mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz saniert. Besucher erleben es heute als eines von Nordeuropas bedeutendsten original erhaltenen Bürgerhäusern der Hansezeit, hier lässt sich Geschichte von sieben Jahrhunderten begreifen.

Moderne Sehenswürdigkeiten wie das Ozeaneum und die Rügenbrücke

Im Jahr 1234 erhielt Stralsund das Stadtrecht. Als Gründungsmitglied der Hanse kam die Stadt durch internationalen Handel zu Wohlstand. Heute ist Stralsund auch bekannt durch das Deutsche Meeresmuseum mit dem Ozeaneum und natürlich auch durch die schöne, geschwungene neue Rügenbrücke. Stralsund wird aufgrund der Lage am Strelasund, einer Meerenge der Ostsee zwischen Festland und der Insel Rügen, auch als „Tor zur Insel Rügen“ bezeichnet.

Die stattliche Rügenbrücke von Stralsund nach Rügen ist einmal im Jahr Schauplatz eines Marathons.
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Die stattliche Rügenbrücke von Stralsund nach Rügen ist einmal im Jahr Schauplatz eines Marathons. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Stralsund ist von Berlin, Rostock und Hamburg aus gut per Bahn erreichbar. Auf dem Hauptbahnhof angekommen, sollte man sich etwas Zeit nehmen, um sich das stattliche Gebäude anzusehen.

Mit dem Auto erreicht der Besucher die Stadt über die A 20/B 194, die B 105 und die B 96.

Auf Entdeckungstour – die neue „Stralsund“-Heldin

Auf Entdeckungstour – die neue „Stralsund“-Heldin

Die Hauptdarstellerin der ZDF–Krimireihe „Stralsund“, Sophie Pfennigstorf, hat mehrere Jahre an der Ostsee gelebt – aber ihre neue Wirkungsstätte erst spät kennengelernt.