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Tagesbesuch

Neuruppin – Stadt der Preußen und der Dichter

Neuruppin / Lesedauer: 5 min

Da ist ein Haus in Neuruppin: Die bedeutendste Lyrikerin der DDR, ein preußischer Baumeister und ein berühmter Schriftsteller haben hier ihre Heimat.
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Berühmte Persönlichkeiten haben im brandenburgischen Städtchen Neuruppin das Licht der Welt erblickt. Dazu gehören die bedeutendste Lyrikerin der DDR, ein preußischer Baumeister des Klassizismus und Historismus sowie der berühmte Schriftsteller, dessen Namen die Fontanestadt heute trägt.

Liebeserklärung von Eva Strittmatter an Neuruppin

Rotdorn meiner Kinderjahre | Unterm roten Rotdorndach
Bin ich ein und aus gegangen | Und der Rotdorn ging mir nach
Roter Rotdorn meiner Kindheit | Straßenbaum der kleinen Stadt
Die ich liebte, die mich liebte | Die mich aufgezogen hat.

Eva Strittmatter

Warum sollte man den Ausflug in eine Stadt voller Poesie nicht mit Poesie beginnen? Neuruppin, bekannt als Fontanestadt. Schließlich wurde der große märkische Dichter Theodor Fontane hier als Sohn des Apothekers im Jahr 1819 geboren.

Neuruppin hat aber auch eine Dichterin: 1930 wurde Eva Braun in der märkischen Stadt geboren, als Eva Strittmatter wurde sie später bekannt. Schon in der DDR erfolgreich, hatte sie 2010 der damalige Brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck als „derzeit meistgelesene Lyrikerin deutscher Sprache“ geehrt, als er ihr den Landesverdienstorden verlieh. Sie stille das emotionale Bedürfnis nach verständlicher Lyrik, sagte Platzeck: „In ihren Gedichten sind Natur, Menschen und Liebe wichtige Themen“ Eva Strittmatters Werke wurden in 15 Sprachen übersetzt und auch die hier oben zitierten Zeilen als Liebeserklärung an ihre Geburtsstadt stammen von ihr.

Eva Schrittmatter, hier mit ihrem zweiten Ehemann Erwin Strittmatter.
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Eva Schrittmatter, hier mit ihrem zweiten Ehemann Erwin Strittmatter. (Foto: Archiv)

Ab 1954 lebte die studierte Germanistin gemeinsam mit dem Romancier Erwin Strittmatter ganz in der Nähe in Schulzenhof bei Gransee. Ihr Leben an der Seite des großen Schriftstellers als Beraterin, Hausfrau, Landfrau und Mutter von vier Söhnen war nicht einfach. Sie packte ihre Sorgen und Nöte in heimliche Gedichte. Die Form ihrer Gedichte besticht durch Einfachheit und Klarheit.

Sie veröffentlichte mehr als ein Dutzend Gedichtbände, Prosa und Kinderbücher, erhielt große Auszeichnungen. Vor ihrem Geburtshaus, dem Schlossgarten in Neuruppin, wurde 2012 eine Gedenktafel aufgestellt und ihr zu Ehren dieser Rosengarten „Eva-Strittmatter-Platz“ genannt. Hier treffen sich jährlich zum Geburtstag Eva Strittmatters am 8. Februar Freunde und Leser ihrer Werke.

Strittmatter-Fan erfüllt sich Lebenstraum

Strittmatter-Fan erfüllt sich Lebenstraum

Lektor Jörn Runge hat eine besondere Beziehung zu einem Band mit Gedichten von Eva Strittmatter.

Seit 1998 ist Neuruppin offiziell die Fontanestadt

Der rund 32.000 Einwohner zählende Ort Neuruppin ist die Kreisstadt des Landkreises Ostprignitz-Ruppin im Norden des Landes Brandenburg. Seit 1998 ist Neuruppin offiziell Fontanestadt.

Mit seiner Geburtsstadt verband den Romancier eine Art Hassliebe. Er fuhr hin und wieder nach Neuruppin, um Mutter und Schwester oder Bekannte zu besuchen. Diese Besuche verband der inzwischen freie Journalist und Schriftsteller mit Recherchen zum ersten Band der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“.

Fontane als Ampelmännchen

Fontane als Ampelmännchen

Neuruppin gedachte Theodor Fontane im 200. Jahr seiner Geburt auf eine ganz besondere Art.

Auch Architekt Schinkel kommt aus Neuruppin

Auch ein großer Sohn der Stadt: Karl Friedrich Schinkel, der bedeutendste Architekt des deutschen Klassizismus, erblickte am 13. März 1781 in Neuruppin das Licht der Welt. Seine Kinderjahre erlebte Schinkel in der Zeit des Wiederaufbaus nach dem großen Stadtbrand von 1787.

Der künstlerisch veranlagte Junge hat in Neuruppin Anregungen für seine berufliche Entwicklung erhalten. Als Baurat nahm Schinkel entscheidenden Einfluss auf die Architektur des damaligen Preußens, etwa im Zentrum Berlins oder Potsdams.

Eine Figur von Architekt und Stadtplaner Karl Friedrich Schinkel, hier vor dem Schinkel-Denkmal, wird als Playmobil-Sonderfigur bei einer Ausstellung über Baugeschichte in der Kulturkirche Neuruppin vorgestellt. Anlässlich dieser Ausstellung ab dem 20. Juli für die Dauer von sieben Wochen gibt es die auf 25.000 Stück limitierte Schinkel-Figur zu kaufen. (zu dpa: «Baumeister Schinkel auch als Spielzeugfigur begehrt»)

Baumeister Schinkel auch als Spielzeugfigur begehrt

2024 hielt Baumeister Schinkel von Neuruppin aus Einzug in deutsche Sammlervitrinen und Kinderzimmer.

Neuruppin liegt am längsten See Brandenburgs

1256 erhielt Neuruppin das Stadtrecht. Das idyllische Städtchen liegt am längsten See Brandenburgs, dem 14 Kilometer langen Ruppiner See. Am besten erkundet man die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten bei einem Rundgang von der Seeprommenade aus. Dort befindet sich die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Nach der Reformation 1517 verlor das Dominikanerkloster seine Funktion und wurde abgerissen. Nur die Kirche blieb erhalten.

Die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Die Türme messen jeweils 63 Meter Höhe, einen kann man besteigen.
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Die Klosterkirche St. Trinitatis, das Wahrzeichen der Stadt. Die Türme messen jeweils 63 Meter Höhe, einen kann man besteigen. (Foto: Hartmut Nieswandt)

Klosterkirche ist das Wahrzeichen der Stadt

Nach Entwürfen des Baumeisters Karl Friedrich Schinkel erfolgte von 1836 bis 1841 eine umfangreiche Restaurierung der Klosterkirche. Die beiden 63 Meter hohen Türme, die sie zum Wahrzeichen der Stadt gemacht haben, wurden aber erst von 1904 bis 1907 errichtet. Sehr empfehlenswert: Man kann einen Kirchturm relativ bequem besteigen und dann den Blick auf Neuruppin und den Ruppiner See genießen.

Die Klosterkirche St. Trinitatis dominiert das Stadtbild Neuruppins. Besucher sehen die beiden Türme meist zuerst – auch wenn sie sich der Stadt auf Skiern auf dem Ruppiner See nähern.
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Die Klosterkirche St. Trinitatis dominiert das Stadtbild Neuruppins. Besucher sehen die beiden Türme meist zuerst – auch wenn sie sich der Stadt auf Skiern auf dem Ruppiner See nähern. (Foto: Soeren Stache/dpa)

Parzival am Ruppiner See

Direkt an der Stadtmauer neben der Klosterkirche wächst die 700 Jahre alte „Wichmannlinde“, unter der sich das Grab des Legenden umwobenen Paters Wichmann befinden soll. Und auch das fällt ins Auge: Die 17 Meter hohe Stahlskulptur „Der Parzival am See“ stammt von Matthias Zágon Hohl-Stein. Sie wurde 1998 anlässlich der Verleihung des Namens „Fontanestadt“ an Neuruppin enthüllt.

Matthias Zágon Hohl-Stein stellt Parzival als „Antiritter“ dar, er soll für ein neues Neuruppin ohne Garnison stehen. Laut der Stadt sei er ein Zeichen des Aufbruchs, mit dem Windrad in der einen und der Arche in der anderen Hand.

Die Kirchtürme der Pfarrkirche St. Marien im Hintergrund bilden einen optischen Kontrast zur Skulptur des „Parzival am See“ an der Seepromenade.
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Die Kirchtürme der Pfarrkirche St. Marien im Hintergrund bilden einen optischen Kontrast zur Skulptur des „Parzival am See“ an der Seepromenade. (Foto: Jens Kalaene/dpa)

Fachwerkhäuser vom Neuruppiner Stadtbrand verschont

Vom Ruppiner See aus gelangt man stadteinwärts in den ältesten Teil Neuruppins. Die Fachwerkhäuser und Straßen rund um die Klosterkirche wurden vom großen Stadtbrand von 1787 verschont. Heute ist der Platz ein beliebter Treffpunkt und Zentrum der Altstadt.

Entlang der Stadtmauer erreicht der Besucher den Teil der Stadt, der Neuruppin zu einem städtebaulichen Gesamtdenkmal des Frühklassizismus macht. Hier am sogenannten „Paradeplatz“ wird die Rolle Neuruppins als preußische Garnisonsstadt deutlich. Nach dem verheerenden Stadtbrand von 1787 befahl König Friedrich Wilhelm II., den Wiederaufbau Neuruppins aus der Staatsschatulle zu finanzieren. So entstand die Stadt in weniger als 20 Jahren neu – mit breiten Straßen, zweietagigen Häusern und den drei großen Plätzen.

Bundespräsident in Neuruppin

Bundespräsident in Neuruppin

Im Juli 2025 verlegte Frank-Walter Steinmeier seinen Dienstsitz vorrübergehend nach Neuruppin.

Das Alte Gymnasium als Zentrum Neuruppins

Das denkmalgeschützte Alte Gymnasium von Neuruppin. Hier lernten auch Theodor Fontane und Eva Strittmatter.
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Das denkmalgeschützte Alte Gymnasium von Neuruppin. Hier lernten auch Theodor Fontane und Eva Strittmatter. (Foto: ebenart - stock.adobe.com)

In der geografischen Mitte der Stadt steht nicht – wie sonst üblich – eine Kirche, sondern im Sinne des Zeitalters der Aufklärung eine Schule: Das 1790 nach dem Stadtbrand errichtete Alte Gymnasium, das den Grundriss einer barocken Schlossanlage hat. Das Alte Gymnasium besuchten zum Beispiel Karl Friedrich Schinkel, Theodor Fontane und Eva Strittmatter.

Das Alte Gymnasium ist heute das kulturelle Zentrum der Fontanestadt. Es beherbergt die Stadtbibliothek, die Kreismusikschule, die Jugendkunstschule sowie die Medizinische Hochschule Brandenburg.

Neuruppin ist per Bahn von Berlin-Gesundbrunnen und Löwenberg aus gut zu erreichen. Mit dem Auto kommt man am schnellsten über die Abfahrt Neuruppin der A 19 in die Stadt.

Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude am Bahn-Haltepunkt Rheinsberger Tor stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts.
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Das denkmalgeschützte Empfangsgebäude am Bahn-Haltepunkt Rheinsberger Tor stammt vom Anfang des 20. Jahrhunderts. (Foto: Hartmut Nieswandt)