Leben, wo andere Urlaub machen
Warum sich nicht nur wegen der Dicken Marie ein Besuch in dieser Stadt lohnt
Greifswald / Lesedauer: 6 min

Warum lieben die Südschweden die dicke Marie so sehr? Oder schmelzen dahin, wenn sie an Caspar David Friedrich nur denken? Hinter diesen beiden Fragen stecken mindestens schon drei Gründe, warum man die Hansestadt Greifswald unbedingt besuchen sollte.
Drei gute Gründe für einen Besuch in Greifswald
Ja, drei gute Gründe für einen Besuch in der Hansestadt Greifswald, der vorpommerschen Universitätsstadt mit rund 60.000 Einwohnerinnen und Einwohnern:
1. Man nennt sie auch Südschweden, weil ihre Stadt und die Umgebung 184 Jahre zu Schweden gehörten.
2. Ganz einfach: Die Dicke Marie heißt dicke Marie, weil sie so dick ist. Es handelt sich um die älteste der drei großen Greifswalder Kirchen, sie hat einen mächtig dicken Glockenturm.
Und 3. ist Caspar einer der Vornamen von Caspar David Friedrich, einer der berühmtesten Söhne der Stadt. Beim Anblick seiner romantischen Bilder – nicht nur der Greifswalder Silhouette oder der Rügener Kreidefelsen – wird einem warm ums Herz.

Puppe in der Blumenampel
In der Greifswalder Altstadt bot sich ein kurioses Bild. Über den Köpfen thronte eine weiße Büste.
Innenstadt voller Sehenswürdigkeiten
Die Universitäts- und Hansestadt Greifswald besitzt eine große Zahl von Denkmalen und schönen Ecken. Zum Beispiel den Dom St. Nikolai mit seinem 100 Meter hohen Turm. Auch hier gibt es einen Spitznamen, der aber nicht ganz so verbreitet ist: „langer Nikolaus“.

Überhaupt nicht zu übersehen ist an der anderen Seite der Altstadt ob ihrer Korpulenz die Dicke Marie, also die Marienkirche in der Brüggstraße 35. Dorthin sollte man unbedingt seine Schritte lenken. Sie ist ein klassisches Beispiel Norddeutscher Backsteingotik.
Ihre Errichtung wurde Mitte des 13. Jahrhunderts begonnen, die Fertigstellung erfolgte aber erst 450 Jahre später. Beeindruckend an der dreischiffigen, kreuzrippengewölbten Hallenkirche ist die enorme Raumwirkung und die prächtige, intarsienverzierte Renaissancekanzel von 1587. In der Marienkriche befindet sich ein Gedenkstein für den früheren Bürgermeister und Universitätsgründer Heinrich Rubenow.

Kriege zwischen den Schweden und Preußen
Not und Elend brachte der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) auch Greifswald, zum Beispiel aufgrund der Besetzung durch Wallenstein. Im Juni 1631 standen die Truppen des Schwedenkönigs Gustav Adolf II. vor der Stadt und nahmen sie nach kurzem Kampf ein. Der nachfolgende Zeitabschnitt, die sogenannte Schwedenzeit, dauerte 184 Jahre.
Die Schweden waren bis zum Wiener Kongress 1815 Herren über diesen Teil Vorpommerns und damit auch für die Geschicke Greifswalds verantwortlich. Allerdings ließen sie die pommerschen Städte recht selbstständig gewähren. Greifswald wurde aufgewertet, weil die Stadt Sitz der obersten Gerichts- und Kirchenbehörden für Schwedisch-Pommern wurde. Mehrfach versuchte Brandenburg, zu dem Pommern gehörte, das verlorene Gebiet zurückzuerobern.

Zu Gast bei freundlichen, schwedisch gesinnten Menschen
Wie präsentierte sich Greifswald vor gut 150 Jahren? Beim Autor Per Daniel Amadeus Atterbom kann man es erfahren.
Bei den Gefechten wurde die Innenstadt samt Marienkirche schwer beschädigt. Im Gemäuer der Kirche stecken heute noch etliche Kanonenkugeln der Brandenburger.
Die Kriege des 18. Jahrhunderts belasteten die Stadt stark. Im Siebenjährigen Krieg explodierte 1758 ein in der Stadt von den Preußen angelegtes Pulvermagazin. Dadurch wurden große Teile der Stadt zerstört. In guter Erinnerung sind die Bemühungen der Schweden um die Greifswalder Universität geblieben. Nach deren Niedergang im Dreißigjährigen Krieges kurbelten sie den Lehrbetrieb wieder an und ließen 1747 das heute noch bestehende Universitätshauptgebäude errichten.

Hauptgebäude der Universität am Rubenowplatz
Das Hauptgebäude beherbergt heute die Verwaltung, den Sitz des Rektors und die Aula der Universität. Nach einer umfassenden Sanierung besuchte zur Neueröffnung 2006 die schwedische Königin Silvia die Stadt.
Bedeutender deutscher Maler ist ein Sohn Greifswalds
Caspar David Friedrich ist nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Romantiker, sondern auch der berühmteste Pommer der Welt. 2024 wurde in Greifswald groß der 250. Geburtstag des großen Malers gefeiert. Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald widmete dem Jubiläum ein umfangreiches Programm mit Sonderausstellungen.
Am berühmtesten Sohn der Stadt kommt auch heute kein Besucher vorbei. Caspar David Friedrich hat seine Heimat in vielen Werken verewigt. Das Aquarell des Marktplatzes von 1818 sowie einige seiner Landschaftsgemälde wie Ruine Eldena im Riesengebirge (1830/1835) und Neubrandenburg (1816) hängen weiterhin im Pommerschen Landesmuseum in der Rakower Straße 9, das in einem ehemaligen Franziskanerkloster untergebracht ist.

Friedrich-Stadt Greifswald?
Das Caspar David Friedrich-Jahr polierte das Ansehen der Geburtsstadt des Malers kräftig auf. Den Namen will die Stadt aber nicht tragen.
Wie auf Friedrichs Bild reihen sich auch in natura Bürger- und Kaufmannshäuser rund um den Marktplatz aneinander. Neben dem rot gestrichenen Rathaus – hier befindet sich heute die Touristen-Information – fallen besonders die Giebelhäuser Markt 11 und Markt 13 auf, bedeutende Repräsentanten der norddeutschen Backsteingotik. Im Caspar-David-Friedrich-Zentrum in seinem Geburtshaus in der Langen Straße 57 sind Teile der Seifensiederei, die seine Familie betrieb, erhalten.

Was der Krieg nicht zerstörte, nahm die Zeit
Und jetzt noch ein außergewöhnlicher Grund für den Ausflug nach Greifswald. Die Stadt blieb im Zweiten Weltkrieg von Zerstörung verschont, weil der Stadtkommandant Rudolf Petershagen die Stadt kampflos an die Rote Armee übergab. Später wurde er dafür in der DDR verehrt, eine wichtige Verkehrsachse, die eine famose Route für Radfahrer ist, trägt heute seinen Namen.
Aber: Was Petershagen verhinderte, erfolgte in den folgenden Jahrzehnten schleichend durch fehlende Restaurierungen und Instandhaltungen. Zwischen 1945 und 1990 ging etwa die Hälfte der historischen Bausubstanz von Greifswald verloren.
Ende der 1960er-Jahre begann die Umgestaltung der Innenstadt nach DDR-Muster in „angepasster Plattenbauweise“. Dabei wurden einige denkmalgeschützte Objekte restauriert, darunter die Stadtbibliothek und das Kapitänshaus. Aber ein Großteil der jahrzehntelang vernachlässigten historischen Gebäude fiel der Abrissbirne zum Opfer.

Städtebauliches Experiment in der DDR
So wurde neben Bernau und Gotha die Hansestadt Greifswald Anfang der 1970er-Jahre zum städtebaulichen Experiment. Zum Glück war es zum ersten Mal in der DDR erklärtes Ziel, sich an die gewachsene Struktur der Altstadt mit ihren Bürgerhäusern anzupassen und die neuen Wohn- und Gesellschaftsbauten in das historische Raumgefüge einzugliedern.
Der mittelalterliche Grundriss der Greifswalder Altstadt beruht auf dem klassischen Rasterprinzip. Das begünstigte die Anwendung der Plattenbauweise. Für das Bauen in der Innenstadt wurde die Rostocker Variante der WBS 70 AR (Wohnungsbauserie 70 Anpassung Rostock) modifiziert.

Für die Neugestaltung orientierten sich die Architekten an Höhe und Größe der Gründerzeitbauten. Die Beziehungen der Straßen und Plätze zu den großen gotischen Stadtkirchen wie der „Dicken Marie“ blieben erhalten. Die erhaltenen Baudenkmale wurden in die Neubaustrukturen eingebunden. Ursprünglich war vorgesehen, die Greifswalder Altstadt vollständig abzureißen und das mittelalterliche Straßennetz durch breite Boulevards zu ersetzen.
Doch dann kam die Wende und in den Folgejahren wurde wieder viel Altbausubstanz aufwändig rekonstruiert.
Die Hansestadt Greifswald ist sowohl aus Richtung Berlin als auch von Rostock aus gut mit der Bahn zu erreichen, Autofahrer kommen zügig über die Autobahn 20 in die Hansestadt Greifswald.

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